Der Streit um die Games Convention wird heftiger: Weil Leipzig die Spielemesse partout nicht aufgeben will, bezieht nun der Gamesverlag Ubisoft Stellung für den Standort Köln. Der Leipziger Lokalpolitik stellt Deutschland-Chef Ralf Wirsing ein schlechtes Zeugnis aus.
WELT ONLINE: Leipzig will die Games Convention weitermachen, Köln will eine neue Games-Messe veranstalten, ist dieses Chaos nun nicht das größte Debakel?
Wirsing: Man kann Leipzig verstehen, sie haben ihre Sache gut gemacht. Die Messe kommt aber an ihre Grenze. Wir müssen sie auf einen neuen Level heben.
WELT ONLINE: Sie waren an der Entscheidung für Köln beteiligt. Hat es Ihnen nie weh getan, den Ostdeutschen eine Erfolgsgeschichte, die sie selbst aufgebaut haben, wegzunehmen?
Wirsing: Wir haben Leipzig nicht die Messe weggenommen, sondern schon lange bestimmte Dinge kritisiert. Man muss aber sehen, dass Leipzig das alles infrastrukturell nicht mehr schafft. Die internationale Anbindung und die Hotelsituation sind die großen Probleme, auf die die Stadt keine Antworten gefunden hat. Den Oberbürgermeister habe ich übrigens in diesem Jahr zum ersten Mal auf unseren Messestand gesehen. Politische Schwergewichte sind überhaupt erst seit zwei Jahren signifikant dort präsent. In Nordrhein-Westfalen ist das ganz anders, da interessiert man sich schon jahrelang für die Games-Branche. Auch so etwas kann dann mit ausschlaggebend sein.
WELT ONLINE: Der sehr große Konzern Electronic Arts sitzt in Köln, Ubisoft ist um die Ecke in Düsseldorf. Es gab Vorwürfe, die Branchenriesen hätten die Messe schlicht zu sich geholt.
Wirsing: Das ist Unsinn, denn davon hätten wir nichts. Die Anfahrt wäre kürzer, alle anderen Kosten bleiben. Meine Mitarbeiter brauchen Hotels, sind lange in Abendterminen. Wie weit die Messe weg ist, spielt keine Rolle.
WELT ONLINE: Internationale Signalwirkung hätte die deutsche Hauptstadt gehabt. Warum ist es nicht Berlin?
Wirsing: Das wäre durchaus möglich gewesen, aber man muss ja immer auch abwarten, welche Angebote von einer Stadt und ihrer Messegesellschaft kommen. Das war bei Berlin, soweit ich mich erinnere, nicht optimal. Köln hat Erfahrung mit Entertainment. Dort finden Sie TV-Sender und Musikverlage, Köln hat die Popkomm groß gemacht, die war zugleich immer eine große Party in der Stadt. Das wollen wir auch, wir sind nicht nur eine trockene Geschäftsmesse.
WELT ONLINE: Leipzig hat aber auch immer mitgemacht, nannte sich „Game City“ und wurde für ein paar Tage auch eine. Geht die Spielemesse in Köln nicht unter?
Wirsing: Nein, wir erwarten natürlich noch mehr von Köln.
WELT ONLINE: Der Geschäftsführer des BIU, Olaf Wolters, soll Leipzig erpresst haben – nur wenn die Stadt auf die Messe verzichtet, bekommt sie den Kulturpreis für Computerspiele. Geschah das im Auftrag des Verbandes?
Wirsing: Auch da ist viel emotionalisiert worden, natürlich im Zusammenhang mit der aufgeheizten Stimmung, die jetzt herrschte und sich zum Glück gerade abkühlt. In der Kommunikation ist da nicht alles perfekt gewesen. Aber diese Vorwürfe, die der Leipziger Oberbürgermeister Jung erhebt, tragen zu einer Emotionalisierung bei, von der wir weg müssen. Der Spielepreis soll einen Standort bekommen, der seiner Bedeutung angemessen ist. Das werden wir in den nächsten Wochen zusammen mit unseren beteiligten Partnern entscheiden.
WELT ONLINE: Bleibt es also bei Köln als Ort der großen deutschen Games-Messe 2009?
Wirsing: Ja. Denn wir wollen wachsen.
Quelle Weltonline
Das stand auch drin -
Leipzig will die Games Convention behalten
(6)
Von Thomas Lindemann 24. August 2008, 16:10 Uhr
Nach einem Besucherrekord in diesem Jahr will die Leipziger Messe auch ohne Unterstützung des Branchenverbandes BIU 2009 die Computerspielemesse Games Convention (GC) wieder ausrichten. Damit stellt sich die Messe gegen die Konzerne und bietet der Kölner GAMESCom die Stirn.
Man möchte es mit Putsch und Gegenputsch vergleichen, oder mit Intrigen an Napoleons Hof. Allerdings fand hier alles in nur wenigen Monaten statt. Gestern ging die Leipziger „Games Convention“, Europas größte Messe für Videospiele, mit einem Knüller zu Ende: „Wir machen weiter“, verkündete Messechef Wolfgang Marzin. Die achte Games Convention soll 2009 in Leipzig stattfinden, die meisten Unternehmen sind angeblich bereit zu kommen – darunter die großen Spieleverlage Activion und Sega.
Das überrascht. Denn die Videospiele-Industrie hatte der Stadt Leipzig die Messe eigentlich gerade erst weggenommen. Der BIU (Bundesverband interaktive Unterhaltungssoftware), in dem die zwölf Branchenriesen organisiert sind, verkündete im Februar, ab 2009 finde die Games-Messe in Köln statt unter dem Namen „Gamescom“.
Die Leipziger wollen ihre erfolgreiche Spielemesse behalten. Der andere Verband, die Entwicklervereinigung G.A.M.E., die 84 Mitglieder hat, wurde nicht gefragt. Nun hat der Erfolg Leipzig weiter beflügelt – 203.000 Besucher kamen, fast 20.000 mehr als im Vorjahr. Dem größten Vorwurf, dass nicht genügend Hotelbetten zur Verfügung stünden, wird sogar mit dem Bau von vier großen Hotels begegnet.
Dennoch bleibt die Industrie hart: „Der BIU hat sich entschlossen, die Messe nach Köln zu verlegen. Daran führt kein Weg mehr vorbei“, sagt Electronic-Arts-Sprecher Martin Lorber.
Hinter verschlossenen Türen ist der Krieg um die Messe mit einem anderen verbunden: Dem um den Bundeskulturpreises für Computerspiele. Im Januar wurde er angekündigt mit der Meldung, die neue Auszeichnung komme „noch in diesem Jahr“. 300.000 Euro gibt der Bundestag, die gleiche Summe soll die Industrie aufbringen – vertreten durch die Verbände BIU, G.A.M.E. und den Telekommunikationsverband Bitkom. München, Berlin und Leipzig haben sich um die Ausrichtung beworben. Am 23. Juli hätte die Entscheidung fallen sollen.
Intern hätten alle Beteiligten die Leipziger Bewerbung für die mit Abstand beste gehalten, ist zu vernehmen. Trotzdem soll der BIU diese Entscheidung kurz danach revidiert und sie an den Streit um den Messestandort gekoppelt haben.
„Der Geschäftsführer des BIU, Olaf Wolters, ist für uns kein seriöser Gesprächspartner mehr und hat sich durch sein Verhalten diskreditiert“, sagte der wütende Leipziger Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) WELT ONLINE. In einer E-Mail an die Leipziger habe Wolters „ein Junktim“ zwischen dem Bundeskulturpreis und der Messe herstellen wollen. Er habe gedroht, Leipzig bekomme den Kulturpreis nur, wenn es auf die Messe verzichte. „Das ist Erpressung“, sagt Jung. „Wir fordern ein faires Vergabeverfahren für den Bundeskulturpreis.“
Dort hat sich nun Kulturminister Bernd Neumann (CDU) eingeschaltet und den Sprechern die Sache aus der Hand genommen. Die Vorstände der Verbände sollen sich treffen, Ende September. Der Start des Preises ist vermasselt, er kann frühestens im März 2009 kommen. Um den Standort der Messe bleibt Verwirrung. Die Koelnmesse ließ am Mittwoch Flugzeuge mit Werbebannern für den Standortwechsel über Leipzig kreisen. Eine etwas böse Aktion – die aber auf einige Unsicherheit schließen lässt.
Wie schön Rache sein kann
WELT ONLINE: Leipzig will die Games Convention weitermachen, Köln will eine neue Games-Messe veranstalten, ist dieses Chaos nun nicht das größte Debakel?
Wirsing: Man kann Leipzig verstehen, sie haben ihre Sache gut gemacht. Die Messe kommt aber an ihre Grenze. Wir müssen sie auf einen neuen Level heben.
WELT ONLINE: Sie waren an der Entscheidung für Köln beteiligt. Hat es Ihnen nie weh getan, den Ostdeutschen eine Erfolgsgeschichte, die sie selbst aufgebaut haben, wegzunehmen?
Wirsing: Wir haben Leipzig nicht die Messe weggenommen, sondern schon lange bestimmte Dinge kritisiert. Man muss aber sehen, dass Leipzig das alles infrastrukturell nicht mehr schafft. Die internationale Anbindung und die Hotelsituation sind die großen Probleme, auf die die Stadt keine Antworten gefunden hat. Den Oberbürgermeister habe ich übrigens in diesem Jahr zum ersten Mal auf unseren Messestand gesehen. Politische Schwergewichte sind überhaupt erst seit zwei Jahren signifikant dort präsent. In Nordrhein-Westfalen ist das ganz anders, da interessiert man sich schon jahrelang für die Games-Branche. Auch so etwas kann dann mit ausschlaggebend sein.
WELT ONLINE: Der sehr große Konzern Electronic Arts sitzt in Köln, Ubisoft ist um die Ecke in Düsseldorf. Es gab Vorwürfe, die Branchenriesen hätten die Messe schlicht zu sich geholt.
Wirsing: Das ist Unsinn, denn davon hätten wir nichts. Die Anfahrt wäre kürzer, alle anderen Kosten bleiben. Meine Mitarbeiter brauchen Hotels, sind lange in Abendterminen. Wie weit die Messe weg ist, spielt keine Rolle.
WELT ONLINE: Internationale Signalwirkung hätte die deutsche Hauptstadt gehabt. Warum ist es nicht Berlin?
Wirsing: Das wäre durchaus möglich gewesen, aber man muss ja immer auch abwarten, welche Angebote von einer Stadt und ihrer Messegesellschaft kommen. Das war bei Berlin, soweit ich mich erinnere, nicht optimal. Köln hat Erfahrung mit Entertainment. Dort finden Sie TV-Sender und Musikverlage, Köln hat die Popkomm groß gemacht, die war zugleich immer eine große Party in der Stadt. Das wollen wir auch, wir sind nicht nur eine trockene Geschäftsmesse.
WELT ONLINE: Leipzig hat aber auch immer mitgemacht, nannte sich „Game City“ und wurde für ein paar Tage auch eine. Geht die Spielemesse in Köln nicht unter?
Wirsing: Nein, wir erwarten natürlich noch mehr von Köln.
WELT ONLINE: Der Geschäftsführer des BIU, Olaf Wolters, soll Leipzig erpresst haben – nur wenn die Stadt auf die Messe verzichtet, bekommt sie den Kulturpreis für Computerspiele. Geschah das im Auftrag des Verbandes?
Wirsing: Auch da ist viel emotionalisiert worden, natürlich im Zusammenhang mit der aufgeheizten Stimmung, die jetzt herrschte und sich zum Glück gerade abkühlt. In der Kommunikation ist da nicht alles perfekt gewesen. Aber diese Vorwürfe, die der Leipziger Oberbürgermeister Jung erhebt, tragen zu einer Emotionalisierung bei, von der wir weg müssen. Der Spielepreis soll einen Standort bekommen, der seiner Bedeutung angemessen ist. Das werden wir in den nächsten Wochen zusammen mit unseren beteiligten Partnern entscheiden.
WELT ONLINE: Bleibt es also bei Köln als Ort der großen deutschen Games-Messe 2009?
Wirsing: Ja. Denn wir wollen wachsen.
Quelle Weltonline
Das stand auch drin -
Leipzig will die Games Convention behalten
(6)
Von Thomas Lindemann 24. August 2008, 16:10 Uhr
Nach einem Besucherrekord in diesem Jahr will die Leipziger Messe auch ohne Unterstützung des Branchenverbandes BIU 2009 die Computerspielemesse Games Convention (GC) wieder ausrichten. Damit stellt sich die Messe gegen die Konzerne und bietet der Kölner GAMESCom die Stirn.
Man möchte es mit Putsch und Gegenputsch vergleichen, oder mit Intrigen an Napoleons Hof. Allerdings fand hier alles in nur wenigen Monaten statt. Gestern ging die Leipziger „Games Convention“, Europas größte Messe für Videospiele, mit einem Knüller zu Ende: „Wir machen weiter“, verkündete Messechef Wolfgang Marzin. Die achte Games Convention soll 2009 in Leipzig stattfinden, die meisten Unternehmen sind angeblich bereit zu kommen – darunter die großen Spieleverlage Activion und Sega.
Das überrascht. Denn die Videospiele-Industrie hatte der Stadt Leipzig die Messe eigentlich gerade erst weggenommen. Der BIU (Bundesverband interaktive Unterhaltungssoftware), in dem die zwölf Branchenriesen organisiert sind, verkündete im Februar, ab 2009 finde die Games-Messe in Köln statt unter dem Namen „Gamescom“.
Die Leipziger wollen ihre erfolgreiche Spielemesse behalten. Der andere Verband, die Entwicklervereinigung G.A.M.E., die 84 Mitglieder hat, wurde nicht gefragt. Nun hat der Erfolg Leipzig weiter beflügelt – 203.000 Besucher kamen, fast 20.000 mehr als im Vorjahr. Dem größten Vorwurf, dass nicht genügend Hotelbetten zur Verfügung stünden, wird sogar mit dem Bau von vier großen Hotels begegnet.
Dennoch bleibt die Industrie hart: „Der BIU hat sich entschlossen, die Messe nach Köln zu verlegen. Daran führt kein Weg mehr vorbei“, sagt Electronic-Arts-Sprecher Martin Lorber.
Hinter verschlossenen Türen ist der Krieg um die Messe mit einem anderen verbunden: Dem um den Bundeskulturpreises für Computerspiele. Im Januar wurde er angekündigt mit der Meldung, die neue Auszeichnung komme „noch in diesem Jahr“. 300.000 Euro gibt der Bundestag, die gleiche Summe soll die Industrie aufbringen – vertreten durch die Verbände BIU, G.A.M.E. und den Telekommunikationsverband Bitkom. München, Berlin und Leipzig haben sich um die Ausrichtung beworben. Am 23. Juli hätte die Entscheidung fallen sollen.
Intern hätten alle Beteiligten die Leipziger Bewerbung für die mit Abstand beste gehalten, ist zu vernehmen. Trotzdem soll der BIU diese Entscheidung kurz danach revidiert und sie an den Streit um den Messestandort gekoppelt haben.
„Der Geschäftsführer des BIU, Olaf Wolters, ist für uns kein seriöser Gesprächspartner mehr und hat sich durch sein Verhalten diskreditiert“, sagte der wütende Leipziger Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) WELT ONLINE. In einer E-Mail an die Leipziger habe Wolters „ein Junktim“ zwischen dem Bundeskulturpreis und der Messe herstellen wollen. Er habe gedroht, Leipzig bekomme den Kulturpreis nur, wenn es auf die Messe verzichte. „Das ist Erpressung“, sagt Jung. „Wir fordern ein faires Vergabeverfahren für den Bundeskulturpreis.“
Dort hat sich nun Kulturminister Bernd Neumann (CDU) eingeschaltet und den Sprechern die Sache aus der Hand genommen. Die Vorstände der Verbände sollen sich treffen, Ende September. Der Start des Preises ist vermasselt, er kann frühestens im März 2009 kommen. Um den Standort der Messe bleibt Verwirrung. Die Koelnmesse ließ am Mittwoch Flugzeuge mit Werbebannern für den Standortwechsel über Leipzig kreisen. Eine etwas böse Aktion – die aber auf einige Unsicherheit schließen lässt.
Wie schön Rache sein kann