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Kapitel 4 - Das Unheil trägt einen Namen

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  • Kapitel 4 - Das Unheil trägt einen Namen

    Genau drei Tage sind nun schon vergangen, seitdem unseren Gefährten zu Ehren ein prächtiges Dorffest abgehalten worden war, aber die erheiternden Erinnerungen an jene ausschweifende Nacht werden nicht allzu schnell verblassen. Der süße Wein floss in Strömen, Tanz und Gesang waren fröhlich und die zahlreichen Frauen waren von hübschem Antlitz. Doch über all diesem schönen Schein breitete sich zwar langsam, aber unaufhaltsam ein Schatten der Ungewissheit aus, der sogar dem unbefangensten unter den Feiernden, Unbehagen bereitet hatte. Das Gerücht, eine Ausgeburt des Bösen in Gestalt einer monströsen, fliegenden Kreatur sei aus dem tiefsten Inneren der Arkanori-Bergfeste entflohen und hätte unaufhaltsam die Flucht gen Osten angetreten, hatte sich fest in ihren Köpfen verankert. So lag trotz der ausgelassenen Feierlaune eine gewisse Anspannung in der Luft. Niemand wollte sich ausmalen, welch verehrenden Schaden das unbekannte Untier in der Siedlung hätte anstellen können, wäre es nicht in Panik davongerast und nun ist das Ziel der Bestie ungewiss.
    „Oh edle Helden, die ihr wieder Leben und Hoffnung in unsere Herzen getragen habt, nur ihr seid in der Lage die wehrlosen Siedlungen vor dem Angriff jenes seelenlosen Geschöpfes zu schützen und das drohende Unheil von ihnen abzuwenden. Ohne euer rasches Handeln vermag niemand die Leiber zählen, die der Kreatur zum Opfer fallen könnten.“
    Dies waren die starken Worte eines charismatischen Mannes, der zum neuen Oberhaupt dieser Siedlung ernannt worden war. Allerdings war diese Bitte nicht der Auslöser für die Entscheidung unserer Helden die Jagd auf die entkommene Bestie aufzunehmen. Vielmehr spielten das Pflicht- und Ehrgefühl jedes Einzelnen eine entscheidende Rolle, das Gute vor dem Bösen wenn nötig bis in den Tod zu schützen. Somit gaben die Gefährten ihr Wort nicht zu ruhen, ehe der letzte Lebenshauch aus der Kreatur gewichen sei. Da waren die Gemüter der Siedlungsbewohner beruhigt und die Herzen der Helden erneut entflammt. Thalicair war unter ihnen der erste gewesen, der energisch ihren unverzüglichen Aufbruch anstrebte, denn kaum hatte er das eine Abenteuer heil überstanden, sehnte er sich bereits nach neuen Gefahren, denen es zu trotzen galt. Und so kam es, dass zum einen Eomolchs Stute, Morgenwind, erneut mit Proviant beladen wurde, zum anderen Klingen geschärft, Pfeile angefertigt und Heilkräuter gesammelt wurden, sodass die Gemeinschaft zügig zu neuen Edeltaten aufbrechen konnte. GenROWLiar, Eomolch, Thalicair, Erath, Nefarius und Wugi samt der Schar überlebender Zwerge – die wenigen Kämpfer der Waldläufer, die noch unter den Lebenden weilten, hatten bereits am Vortag die Siedlung verlassen – wurden gebührend verabschiedet, bevor sie ihren beschwerlichen Weg in Richtung Osten antraten. Ein letztes Mal richteten sie ihre Blicke zurück, bevor auch die letzten Silhouetten der winkenden Dorfbewohner hinter dem Horizont verschwanden.

    „Hoffentlich legen wir bald eine Rast ein.“ Der erlösende Gedanke an die Gelegenheit sich ein wenig von seinem qualvollen Leiden erholen zu können, ließen seine vom Schmerz verzerrten Gesichtszüge wieder etwas entspannen.
    „Mit jedem Schritt werde ich schmerzhaft an die Folgen meines Kampfes mit Arkanor III. erinnert. Die Wunde, die meiner Rechten zugefügt worden war, konnte nicht rechtzeitig von dem starken Gift gereinigt werden.“, dachte sich der angeschlagene Greis und fasste sich an seinen linken Oberarm.
    „Begleitet mich nach Bruchtal, werter Freund.“, schlug Nefarius schließlich vor, als er das Leid seines Magierfreundes nicht länger mit ansehen konnte. „Wie ihr wisst, beabsichtige ich neben dem Wiedersehen alter Freunde, meine Kräfte in dieser energiegeladenen, idyllischen Umgebung zu regenerieren. Ich bin mir sicher, dass eine Heilung deiner Wunde nur an jenem Ort erfolgreich sein kann.“, ergänzte der besorgte Elb.
    Die übrigen Begleiter lauschten gespannt der Unterhaltung. Allein der Gedanke, ohne diese beiden Magiekundigen weiterziehen zu müssen, hing wie Blei an Fuß und Herz, sodass sie schließlich alle Halt machten, um die Entscheidung des weisen Zauberers abzuwarten.
    „Sehet nun, in der Ferne kann man schon die riesigen, mit Schnee bedeckten Bergkuppen des Nebelgebirges vernehmen, die wie scharfe Klingen in das kräftige Blau des Himmels zu stechen scheinen.“, ergriff der alte Magier nach einer kurzen Stille das Wort, während er nach Osten deutete: „Viele Gefahren warten dort unter der friedlich wirkenden, weißen Schneedecke und der Tod lauert sowohl in der Höhe – in Form von eisigem Wind und heftigem Schneetreiben – als auch in der Tiefe der versteckten Gletscherspalten. Wenn ihr jedoch der Meinung seid, selbst unter solch lebensfeindlichen Bedingungen auf die Gesellschaft eines geschwächten, alten Mannes, nicht verzichten zu wollen, verbietet es meine Ehre, euch die ihr mehrfach eure treue Freundschaft unter Beweis gestellt habt, in dieser Not im Stich zu lassen.“
    Erleichterung machte sich nach diesen Worten breit. Lediglich Nefarius konnte seine Besorgnis um den sichtlich geschwächten GenROWLiar nicht unterdrücken. Er würde seine Freunde auch nur zu gerne begleiten, aber der Elbenmagier spürte, dass seine Kräfte zur Neige gingen und lediglich eine Regeneration jener, sein Inneres wieder ins Gleichgewicht – das ist die wichtigste Voraussetzung, um nicht der dunklen Magie zu verfallen – bringen würden. Auch Eomolch ließ seinen Gedanken freien Lauf:
    „Jedes einzelne Schwert, jeder Bogen, jede zusätzliche Axt und natürlich jeder weitere Zauberstab ist im Kampf gegen das Böse von großer Bedeutung. Noch sind wir zahlreich, doch sobald wir das Nebelgebirge passiert haben, wird unser Freund Wugi samt seiner Gefolgschaft unsere Gruppe verlassen, um die Reise in ihre Heimat anzutreten, nämlich nach Erebor. Ab diesem Zeitpunkt sind zwar die Gefahren groß und unsere Anzahl klein, aber unser Siegeswille über das Böse bleibt unverändert!“
    Der Krieger Rohans hoffte auf diese Weise Nefarius und Wugi als Teil der Gemeinschaft halten zu können, jedoch vorerst vergebens. Nichtsdestotrotz entschied sich Nefarius seine treuen Abenteuergefährten zumindest bis zu dem Hohen Pass zu begleiten, der über die massive Bergkette führt, ehe er den Weg nach Bruchtal einschlug.

    Nachdem die nächsten Schritte dieser Reise in die Ungewissheit besprochen wurden, erleichterten sie Morgenwinds Last ein wenig, indem sie genüsslich speisten, tranken und Kraut schmauchten. Anschließend errichteten sie an jener Stelle ihr Nachtlager und gaben sich unter dem hell funkelnden Sternenhimmel dem Schlafe hin, wobei GenROWLiar bereitwillig die Wache über das Lagerfeuer übernahm. Nun hatte er endlich Zeit sich wieder im Schein des gleichmäßig lodernden Feuers seinen komplexen Überlegungen zu widmen:
    „Wohin wird uns dieses Abenteuer wohl diesmal verschlagen und welches Übel wird uns an dessen Ende wohl erwarten?“
    Doch neben den Gedanken über die noch in der Ferne liegenden Geschehnisse, beunruhigte ihn ein bedrückendes Gefühl, dass er bereits den ganzen Tag lang vernommen hatte:
    „Ich darf nicht all meine Aufmerksamkeit auf die Dinge, die da noch kommen mögen richten, denn ich spüre etwas unbekanntes, das sich uns jeden Augenblick offenbaren könnte. Ob böser, oder guter Natur, das vermag ich nicht zu erkennen, aber ich habe die Vermutung, dass wir verfolgt werden.“
    Zuletzt geändert von ROWL; 10.06.2010, 23:54.
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  • #2
    AW: Das Unheil trägt einen Namen

    Es war Nacht. Der Mond schimmerte matt inmitten von dichten Wolkenschleiern. Sein schwaches Licht war der einsame Wächter über das schlafende Land, nichts blieb ihm verborgen, und obwohl er nur beobachtete und niemals eingreifen konnte, war der Mond Aria ein willkommener Begleiter gewesen. Sie schätzte seine Verschwiegenheit, seine Treue - und nicht zuletzt den beruhigenden Umstand, dass er sie niemals verraten könnte. Gemeinsam mit ihm war sie in die vorderen Ausläufer des Nebelgebirges vorgedrungen. Gemeinsam hatten sie gejagt, verfolgt und waren dabei genauso verfolgt und gejagt worden. Es war nicht das erste Mal, dass sie solch einen Bund eingingen. Schon oft hatten sich ihre Wege gekreuzt, waren Erinnerungen, Freude wie Leid, geteilt worden, und obwohl ihre gemeinsamen Zeiten immer zu Ende gegangen waren, hatten sie sich doch mit ähnlicher Regelmäßigkeit stets aufs Neue gefunden. Der ungeschriebene Pakt war ihr geheimes Einverständnis, noch nie hatte einer den anderen enttäuscht oder ihm gar geschadet. In dieser Nacht aber sollte sich vieles verändern.

    Aria betrachtete den Stein zu ihren Füßen. Glatt und kalt lag er inmitten der kargen Landschaft, ein Zwerg seiner Gattung, umgeben von Felsen aller Formen und Größen. Hellgrau gesprenkelt, fast weiß war sein Äußeres, doch Aria wusste, dass sie ihm bald diese Unschuld rauben, den Färbungen ein purpurnes Rot hinzufügen würde. Noch einmal ein Zögern, ein Überlegen, - war ihr Plan so sicher, wie er ihr scheinen wollte? - dann zog Aria einen der Dolche aus den Laschen an ihrem Gürtel und stach sich mit der Spitze in ihren linken Daumen. Blut tropfte zu Boden, befleckte den Stein, und Aria wusste, dass es für sie jetzt keine Möglichkeit mehr gab, den Lauf der Dinge zu stoppen. Sie holte aus ihrer Kleidung ein mit Wachs verschlossenes, rundes Tongefäß hervor, zerstörte den wächsernen Pfropfen und begann sorgsam, die herovortretende, gelbliche Flüssigkeit in einem Kreis um den Stein herum zu vergießen. Ein dunkles Tuch verhüllte dabei ihren Mund, reinigte die nun aufsteigenden, giftigen Dämpfe aus der von ihr eingeatmeten Luft. Als nur noch wenige Tropfen der seltsamen Substanz in dem Gefäß verblieben waren, stellte sie es auf den Stein in der Mitte und verbarg sich selbst inmitten der umgebenden Felsen.

    Der Köder war ausgelegt. Das Wesen, für das er bestimmt war, hatte ihn sicher bereits gewittert. Und wie hätte es dieser Verlockung widerstehen können? Das Blut, das Blut eines einsamen und vielleicht sogar verletzten Menschen oder Elben - Aria kannte die Kreatur inzwischen zu gut, um noch an der Wirksamkeit ihres eigenen Lockmittels zweifeln zu müssen. Bald würde die Bestie blind vor Gier in ihre Falle tappen! Schon bald wäre die Stunde der Rache gekommen! Voll grimmiger Zufriedenheit dachte Aria an die vielen Wochen und Monate zurück, in denen sie sich für dieses Ziel hatte plagen müssen. Sie leckte dabei ihren Daumen vom Blute sauber, und stellte damit sicher, dass kein verräterischer Geruch ihren tatsächlichen Standort preisgeben konnte. Danach wartete sie regungslos, ihre Gedanken bei der Gruppe von Kriegern, die vor vier Tagen ebenfalls ausgezogen waren, um die Kreatur zu finden und zur Strecke zu bringen. Aria hatte sie beobachtet. Sie waren unvorsichtig, verschwenderisch mit Rast und Proviant, mit einer Langsamkeit unterwegs, die schon an Gemütlichkeit grenzte. Sich ihnen anzuschließen, hätte Aria nur aufgehalten. Allein schon ihre große Anzahl sorgte dafür, dass sich die Kreatur von ihnen fernhielt, keine unnötigen Gefahren suchte. Da waren drei Menschen, einer von ihnen aus Rohan, ein anderer in der Tracht der Waldläufer gekleidet. Auch das Pferd, welches sie als Lasttier benutzten, schien aus Rohan zu stammen. Ebenfalls Teil der Gemeinschaft waren ein alter Mann, dem magische Kräfte innewohnten, wie man sagte, sowie ein gutes Dutzend schwer bewaffneter Zwerge. Auch ein Elb hatte unter ihnen geweilt, hatte die Gruppe jedoch am Abend des dritten Tages in Richtung Bruchtal verlassen. Sie alle gehörten zu den ‘Helden von Drahnost’, hatten in der siegreich geführten Schlacht ihren größeren oder kleineren Teil zur Vernichtung der Arkanori beigetragen. Aria selbst war in all diesen Geschehnissen unbeteiligt gewesen, hatte zu spät vom nahenden Angriff erfahren und war deshalb erst am Versteck der Arkanori eingetroffen, als diese bereits tot im Inneren der eingestürzten Höhle begraben lagen. Aria spürte, wie die Erinnerung sie noch immer mit Bitterkeit füllte. Doch sie gab sich diesem Gefühl nicht hin, dachte im Gegenteil mit Stolz an ihre Arbeit der letzten Tage, nachdem sie erfahren hatte, dass ‘es’ entkommen war. Ihr Ziel allein war es, die schreckliche Kreatur zu töten! Dieses Mal konnte ihr keiner mehr die Genugtuung der Rache verwehren!

    Ein fernes Rauschen unterbrach Arias grimmige Gedanken. Sie spähte hinauf in den Nachthimmel, suchte die Quelle des Geräuschs, doch ausgerechnet in diesem Augenblick verblasste der schwache Schein des Mondes, und er verschwand hinter einer dichten Wolkendecke. ‘Warum verlässt du mich, mein Freund?’, klagte Aria stumm in die eingetretene Finsternis hinein, ‘warum gerade jetzt?’. Sie konnte nichts mehr erkennen, hörte nur, wie das Rauschen klarer wurde, näher kam, um schließlich abrupt in einem krachenden Geräusch zu enden. Das Wesen war gekommen. Aria wusste es. Sie spürte das nahe Grauen, atmete dessen fauligen Duft, ohne es jedoch dabei sehen zu können. Wenige Meter von ihr entfernt krauchte es der Stelle entgegen, die Aria als Köder und Falle zugleich präpariert hatte, und seine Gliedmaßen, von welcher Art sie auch sein mochten, schabten dabei über den felsigen Untergrund. Ein schepperndes Geräusch erklang, als die Kreatur das Tongefäß Aria’s zerschmetterte. Dann folgte Stille. Aria, die inzwischen, um den grässlichen Gestank zu dämpfen, ihre Lippen erneut mit dem Stoff ihres Halstuchs bedeckt hielt, wagte nun kaum eine weitere Bewegung. Hatte es funktioniert? War die Menge und Konzentration des Giftes ausreichend groß gewesen, um ihren Feind zu töten oder zumindest bewegungsunfähig zu machen? Sie hoffte es. Aber sie wartete und tat gut daran, denn nach einigen Minuten betrügerischer Stille erscholl ein höllisches Gelächter, dessen dröhnend kalter Klang Aria mit Entsetzen erfüllte. Das Lachen - sofern es als solches gedeutet werden konnte - vermischte sich bald mit lautem Krachen und Splittern. Dicht neben Aria wurde der Boden von einschlagenden Felsstücken aufgesprengt. Der ganze Ort bebte inzwischen, die Bestie schien in ihrem Groll keinen Stein auf dem anderen lassen zu wollen. Inmitten der tobenden Zerstörungswut wurde sich Aria immer deutlicher ihrer Hilflosigkeit bewusst. Sie fühlte sich einsam, und zum ersten Mal in ihren vielen Monaten der freiwillig gewählten Einsamkeit bereute sie diese Entscheidung. Vielleicht war es ein Fehler gewesen, sich stets auf die eigene Stärke zu verlassen. Sie dachte an die Gruppe der fremden Krieger, deren Hilfe sie nie hatte suchen wollen, und wusste, dass niemand ihr helfen würde, diese Nacht lebendig zu überstehen. Sie blickte ängstlich in den Himmel, in der Hoffnung ihr alter Freund der Mond würde zu ihr zurückkehren, um sie zu trösten. Doch sie war allein.

    Am Morgen des folgenden Tages erreichte Eomolch mit seinen Gefährten die Mulde, in der die unbekannte Kreatur in jener Nacht gewütet hatte. Inmitten der verwüsteten Landschaft fanden sie den regungslosen Körper Arias. Sie wirkte auf den ersten Blick unverletzt, doch das Mal an ihrem Hals und die grünliche Färbung der die Einstichstelle umgebenden Haut ließen vermuten, dass sie mit einem starken Gift infiziert worden war.
    Zuletzt geändert von Eomolch; 22.06.2010, 11:20.
    Wenn drei Personen in einen Raum gehen und fünf wieder rauskommen, müssen zwei Personen wieder hineingehen, damit der Raum leer ist...

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    • #3
      AW: Kapitel 4 - Das Unheil trägt einen Namen

      Allen voran eilte – wie könnte es auch anders sein – der ungestüme Thalicair zu dem regungslosen Leib und war sogleich in den Bann der atemberaubenden Schönheit jener weiblichen Elbengestalt gezogen.
      „Bei Ilùvatar, ich habe noch niemals zuvor eine Elbin von solch großer Schönheit zu Gesicht bekommen. Und nun muss ich den Geschichten und Liedern, in denen die unvergleichliche Makellosigkeit dieses anmutigen Volkes verherrlicht wird, ganz und gar zustimmen. Besonders diese feinen Gesichtszüge und das schwarz schimmernde Haar, das unter ihrer Kapuze zum Vorschein kommt, lassen mein Herz erbeben.“, schwärmte der Waldläufer in seinen Gedanken, während er wie versteinert vor dem leblosen Körper stand. Erath und GenROWLiar jedoch vergeudeten keinen Augenblick und nahmen die Einstichwunden in Augenschein.
      „Diese Wunden deuten auf das Wirken von fundiertem Wissen über Toxika in tödlicher Kombination mit besonders mächtiger, dunkler Magie, hin.“, stellte der Magier schließlich bestürzt fest, nachdem er für einen kurzen Moment die Hände über die Verletzungen gehalten hatte.
      „Allen Anschein nach, ist die Konzentration des Giftes, mit dem diese junge Elbin in einen gefährlichen Tiefschlaf versetzt wurde, deutlich höher, als das der Arkanori. Womöglich handelt es sich hierbei sogar um das Untier, das wir verfolgen.“, fuhr er beunruhigt fort. Sogar die sonst den Elben gegenüber gleichgültigen Zwerge – mit Ausnahme von wenigen, treuen Freunden, wie Nefarius – schafften es nicht, ihre Besorgnis über die reglose Gestalt gänzlich zu verbergen und näherten sich den übrigen Gefährten.
      „Nicht einmal Nefarius hätte uns in dieser Not beistehen können, da seine magischen Ressourcen völlig erschöpft sind. Nur er allein war in der Lage, mit Hilfe seiner Heilkunst wahre Wunder zu wirken.“, sprach der Anführer der Zwergengruppe mit einem Hauch von Trauer in seiner Stimme. Da hatte plötzlich Eomolch den rettenden Einfall:
      „Wugi, habt Ihr soeben von Heilkunst gesprochen? Sobald unser Thalicair die Augen von seiner schlafenden Schönheit abwenden kann, sollte er endlich in seinem wiederaufgestockten Vorrat an Heilkräutern nach dem passenden Gegengift suchen.“ Sogleich starrten alle auf Thalicair, dem unverzüglich die Schamesröte ins Gesicht stieg. Hastig durchwühlte er seinen Stoffbeutel, in dem er die Kräuter aufbewahrte, in der Hoffnung darin etwas Hilfreiches zu finden. Letztendlich fand er, was er gesucht hatte. Es handelte sich hierbei um Athelas, das Königskraut. Diese zwar seltene, aber dafür umso effektivere Heilpflanze wurde im Zweiten Zeitalter aus Nùmenor nach Mittelerde gebracht. Die Kräuterfrau aus Drahnost hatte ihm kurz vor seiner Abreise dieses äußerst wertvolle Geschenk mit auf den Weg gegeben. Nun war er heilfroh, in Besitz der wirksamsten Medizin ganz Ardas zu sein.

      Nachdem Thalicair mit geübten Handgriffen die Wunden mit Athelas versorgt und anschließend fürsorglich einbandagiert hatte, war der Elbin vorerst nicht mehr zu helfen. „Nun muss sie ihre innere Stärke unter Beweis stellen.“, meinte der Greis, nachdem sie ihr Nachtlager aufgestellt und den inzwischen zuckenden Körper zugedeckt hatten. Er fuhr fort und wandte sich Eomolch zu: „Da wir bereits selbst Opfer eines starken Giftangriffes waren, können wir beide erahnen, was dieses arme Mädchen nun durchmachen muss.“ Der Manne Rohans fasste sich an den Vorfall erinnernd an seine schmerzende Brust und nickte zustimmend.
      „Würde nicht zur Hälfte elbisches Blut in ihren Adern fließen, wäre bei der Stärke dieses neuartigen Giftes, jegliche Hoffnung verloren. Doch nun, Dank unserem Heilkünstler, Thalicair, können wir wieder auf einen guten Ausgang dieses tragischen Unglücks hoffen. Allerdings können wir auch nicht eine Rückkehr der Kreatur an den Ort des Geschehens ausschließen.“, sprach GenROWLiar und kam somit zum Ende seiner Ausführungen. Seine Freunde ahnten, dass der Magier mit Hilfe seiner astralen Fähigkeiten in das Innere der Ohnmächtigen geblickt hatte und somit herausfand, dass sie sowohl elbischer, als auch menschlicher Herkunft war. Und nun blieb ihnen nichts mehr übrig, als einerseits den morgigen Tag abzuwarten und andererseits auf der Hut vor einem feigen Hinterhalt zu sein.

      Die Stunden verstrichen und die Sonne ging schließlich hinter den majestätischen Gipfeln des Nebelgebirges unter und wich einer von dichtem Nebeldunst umhüllten Dämmerung, wie es üblich für diese Gegend so nahe am Hohen Pass war. Eine unheimliche Stimmung machte sich zwar breit, aber trotz der lauernden Gefahren gab sich die Gruppe nach den anstrengenden Wanderungen im Schein des Lagerfeuers der Nachtruhe hin. Sogar GenROWLiar gönnte sich in jener Nacht einige Stunden des Schlafes. Lediglich Thalicair wich nicht von der Seite der mit sich in Trance ringenden Halbelbin und kühlte sorgsam ihre von Schweißperlen übersäte Stirn mit einem feuchten Tuch.
      „Kämpfet, schöne Maid. Kämpfet um Euer Leben, denn das darf und wird noch nicht Euer Ende sein.“ Der Waldläufer war zwar mit seinen Gedanken alleine, aber er hatte das Gefühl, sie seien nicht vergebens.
      Zuletzt geändert von ROWL; 22.06.2010, 18:47.
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      • #4
        AW: Kapitel 4 - Das Unheil trägt einen Namen

        Viele Jahre waren vergangen und in keinem davon hatte er Heimweh verspürt. Nicht ein einziges Mal, egal wie weit er von seiner Heimat entfernt hatte er sich danach gesehnt heimzukehren. Dafür waren die Umstände einfach zu kompliziert und die Bezahlung zu gut.
        Alles was wichtig war waren das hier und jetzt, das Erfüllen des Auftrages, das Kämpfen und das Gold. Und das Überleben. Vorallem letzteres.
        Doch als er zum ersten Mal wieder über die Felder des Pelennor wanderte und dessen Gehöfte, Ställe und Obstgärten erblickte während er den Geruch des fruchtbaren Ackerlandes wahrnahm auf dem diese sich befanden, wurde Lorgan bewusst wie sehr er sein Heimatland vermisst hatte. In der Ferne sah er bereits die weiße Stadt mit ihrem Tor, der Mauer und den Festungsringen und natürlich den majestätischen weißen Turm in der Morgensonne leuchten - bald würde er wieder durch die Straßen seiner Jugend wandern, nach bekannten Gesichtern ausschau haltend.
        "Nur noch ein wenig länger" flüsterte er seinem erschöpften Pferd zu, während er es an den Zügeln führte. "Noch ein kleiner Ritt bis zu deiner verdienten Ruhepause"

        Als er endlich Minas Tirith erreicht hatte und zwischen den riesigen Flügeln des Stadttores schritt -das Pferd hielt er wieder an den Zügeln- wurde er argwöhnisch von den Soldaten gemustert, doch diese ließen ihn schließlich unbehelligt passieren. Die Stadt war noch genauso wie er sie sich an sie erinnerte: Ihre Mauern und ihr Tor ohne nennenswerte Beschädigung, jedem erdenklichen Feind trotzend. "Nichts hat sich verändert" dachte Lorgan "Nicht dass es einen Grund dafür gäbe" fügte er schmunzeld seinen Gedankengang fort.
        Inzwischen war es früher Nachmittag geworden und die Straßen der Stadt pulsierten vor Leben während der erschöpfte Heimkehrer durch die Straßen schritt und sich seinen Weg durch die Menge bahnte. Händler priesen ihre Waren an und so mancher Passant lauschte ihren Angeboten, Taschendiebe huschten durch die Straßen und verdienten sich ein paar Goldmünzen, Boten transportierten Waren und Handwerker gingen ihrem Tagewerk nach während die Soldaten Gondors wachsam auf den Mauern und in den Straßen patroullierten. Das Leben in der Stadt ging seinen Gewohnten Gang, als wäre der Söldner nie weg gewesen - aber über die Wichtigkeit seiner Person hatte er sich ohnehin nie Illusionen gemacht.
        Lorgan brachte sein treues Pferd zu den Ställen und sorge mit einer Hand voll Münzen für eine besonders gute Behandlung seines Gefährten. Die Extraportion Hafer und Wasser hatte sich dieser redlich verdient.
        Anschließend erkundete er weiter die Stadt. Trotz seiner jahrelangen Abwesenheit kannte er die Stadt noch mehr oder weniger in- und auswendig - Ring für Ring, Straße für Straße und Niesche für Niesche. Genauso wie die Tavernen und ein paar andere zwielichtigere Orte. Dort hatte er sich oftmals lukrativere Aufträge besorgt, jedoch nicht jeden angenommen. Bereits als junger Söldner hatte er seine Prinzipien gegen die er niemals -oder zumindest kaum- verstieß.

        Gedankenverloren wanderte er durch die Straßen, ohne eine bekannte Person zu erblicken. Doch plötzlich bemerkte er, wo er sich befand: Er stand vor genau der Taverne in der er als junger Hund einen Großteil seines Goldes ausgegeben hatte. "Tut gut Zuhause zu sein" murmelte er lächelnd in seinen ergrauten Stoppelbart hinein, öffnete behutsam die alte, knarzende Türe und betrat die Taverne.
        Auch hier hatte sich dem äußeren Anschein nach nichts verändert: Es roch wie in jeder Taverne nach Bier und gebratenem Fleisch und auch die hölzerne Einrichtung von der er höchst selbst einen ordentlichen Anteil selbst beschädigt hatte befand sich - abgesehen von ein paar Reparaturen - noch unverändert und in derselben Anordung dort, wie er sie zuletzt gesehen hatte. Nur die Leute waren nicht mehr dieselben. Der Mann an der Theke war ihm fremd. Die Bedienungen, die Gäste - alles Fremde. Doch es scherte ihn nicht. Er war müde und erschöpft von der Heimreise und wollte nur noch etwas essen und sich besaufen. Langsam und behäbig schritt er auf einen Tisch in der Ecke zu um sich zu setzen, da packte ihn plötzlich eine Hand von hinten.
        Ruckartig drehte er sich um die eigene Achse und im nächsten Augenblick hielt er seinem Gegenüber ein Messer an den Hals nur um festzustellen, dass er in ein ihm seltsam bekanntes bernsteinfarbenes Paar Augen blickte. Lorgan ließ mit einem verdutzten Blick das Messer sinken. "Du bist es" sprach sein Gegenüber, eine junge Frau die während sie mit einem kessen Blick die Hände in die Hüften stämmend forfuhr "Du bist alt geworden Lorgan" "Ich erinnere mich an dein Gesicht" murmelte Lorgan "Als ich dich zuletzt sah warst du noch ein Kind. Sarah, die Tochter von Eramir dem Wirt, nicht wahr? "
        "Du erinnerst dich also an mich. Na eigentlich kein Wunder so oft wie du hier warst." antwortete Sarah lächelnd "Komm, setz dich. Ich bringe dir ein Bier und du erzählst mir, wo du warst und wie es dir erging!"
        "Das ist eine lange Geschichte" erwiderte Lorgan "Zu lange für einen Tag und ein einziges Bier"
        Zuletzt geändert von Nefarius; 14.06.2010, 19:10.
        Vorsicht: Dieser Post stammt von einem Ungläubigen

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        • #5
          AW: Kapitel 4 - Das Unheil trägt einen Namen

          Es dauerte nicht lange, bis Sarah schließlich mit dem kühlen Gerstensaft an Lorgans Tisch herangetreten war. Zu seinem Erstaunen stellte sie gleich drei bis an den Rand gefüllte Krüge auf die marode Holzplatte und nahm merklich aufgeregt auf dem freien Stuhl neben ihm Platz. Dabei wichen ihre musternden Augen zu keiner Zeit vom Gesicht des in die Jahre gekommenen Söldners und Lorgan hatte das Gefühl, als ob sie auf einen geeigneten Moment warten würde, ihm etwas zu berichten. Daraufhin wanderte ihre Rechte langsam in ihr durchaus ansehnliches Dekolleté – unweigerlich folgten die Blicke des alten Mannes ihrem Griff, wobei ein neckisches Grinsen über das Gesicht der Schönen huschte – und holte einen versiegelten Briefumschlag hervor, den sie ebenfalls auf den Tisch legte. Plötzlich begann sie zu sprechen: „Wie ich sehe bist du den weiblichen Reizen gegenüber immer noch nicht abgeneigt. Obwohl dein Haar grau und dein Gesicht faltig geworden, deine eisblauen Augen strahlen ohne Zweifel dieselbe Selbstsicherheit aus, wie damals, als ich als junges Mädchen meinem Vater Eramir hinter der Theke aushelfen musste.“
          Während des Gespräches erinnerte sie sich an das erste Mal, dass Lorgan einst zu der Tavernentür hereingetreten war. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte das unehrenhafte Gesindel, das sich in der Schänke Tag und Nacht bis zur Besinnungslosigkeit besoffen hatte, sie und ihren Vater wie Dreck behandelt. Sie wurden beschimpft, stets um ihre Einnahmen betrogen und sogar geschlagen. Lediglich Lorgan behandelte sie mit Respekt und lehrte die übrigen Gäste – nicht wenige mussten dabei ihre Lektion auf harte Art und Weise erlernen – dies ihm gleich zu tun. Doch seitdem er von einem Tag auf den andren verschwunden war, nahmen die schlechten Gepflogenheiten erneut den Platz des respektvollen Umganges ein. Es fiel Sarah sichtlich schwer, sich dabei die Tränen zu verkneifen. „Das kleine, ängstliche Mädchen von damals musste sich in diesem rauen Umfeld eine starke Fassade aufbauen, um zu überleben.“, dachte ihr Gegenüber. „Das erinnert mich an meine harte Kindheit auf den Straßen von Gondor.“
          Schließlich fuhr Sarah fort: „Nachdem mein Vater durch die Hand eines umher wütenden, betrunkenen Gastes gestorben war, wurden meine Tage noch dunkler. Ich musste Aniel heiraten, um zu überleben. Seither betreiben wir gemeinsam die Taverne.“ Lorgan beäugte den Mann an der Theke und leerte den ersten Bierkrug. Es dauerte nicht lange, bis das ungestüme Weib erneut das Wort ergriff: „Ich habe bereits gemerkt, dass du immer noch schweigsam bist, deshalb erzähle ich dir noch ein wenig, wie es mir die letzten Jahre erging und frage gar nicht erst nach deinen Abenteuern…“

          Die beiden zogen immer mehr ungeduldige Blicke der auf ihre Bestellung wartenden Gäste auf sich und deren Unruhe stieg unaufhaltsam an. Auch Aniel, war nicht erfreut über Sarahs andauerndes Gespräch mit dem unbekannten Gast und den drohenden Auseinandersetzungen. Kurz darauf stand sogar ein großer, finster dreinblickender Mann ruckartig von seinem Stuhl auf und sprach wütend: „Wo bleibt mein Bier?!“, bevor er seinen leeren Krug in Lorgans Richtung geworfen hatte. Dieser wich jedoch gekonnt dem mit hoher Geschwindigkeit auf ihn zufliegenden Gegenstand aus und erhob sich abrupt von seinem Platz. „An deiner Stelle hätte ich das nicht getan. Nun wäre eine Entschuldigung angebracht. Sowohl den Besitzern dieser Schänke, als auch mir gegenüber und schon können wir diese Angelegenheit als vergessen betrachten.“ Wenig beeindruckt von den Worten eines alten Mannes trat die finstere Gestalt vor Lorgan und fuhr fort, höhnisch mit seiner verrauchten Stimme zu sprechen: „Und was gedenkst du zu tun, falls ich deinen Rat nicht annehmen sollte, Großväterchen?“ Dabei drehte er sich zu seinen noch am Tisch sitzenden Kameraden und lautstarkes Gelächter brach unter ihnen aus. Doch in dem Moment, in dem er sich wieder Lorgan widmen wollte, stand dieser bereits mit geballter Faust vor ihm und verpasste ihm einen wuchtigen Hieb, der den großen Mann zu Fall brachte. Weder er, noch seine Kameraden begriffen sofort was geschehen war und schon stürmte der Söldner zu dem sich aufraffenden Mann, zückte sein Messer und drückte es an dessen Kehle, sodass sie leicht zu bluten begann. „Verschwindet von hier! Ich will dich und deine Kameraden hier nie wieder sehen!“, rief er mit kräftiger, furchteinflößender Stimme, sodass die Halunken sofort von dannen zogen. Die übrigen Gäste schienen aber nicht von der Machtdemonstration beeindruckt und nahmen wieder unverzüglich die unterbrochenen Unterhaltungen auf. Der Geräuschpegel erreichte somit wieder dessen gewohnte Lautstärke. Sarah jedoch war überwältigt von dieser mutigen Tat und bemerkte, dass sich ihr einstiger Held nach all den Jahren innerlich kein bisschen verändert hatte.
          Sobald sich Lorgan wieder wortlos an seinen Platz setzte, den zweiten Bierkrug mit einem Zug leerte, wurde seine Aufmerksamkeit auf den Briefumschlag gelenkt. Er wollte sich seine Neugier auf dessen Inhalt nicht anmerken lassen und vermittelte weiterhin einen gelassenen, ja beinahe unbekümmerten Eindruck. „Was mag das für ein Brief sein?“

          Endlich legte Sarah ihre Hände auf das besagte Schriftstück und begann tief Luft zu holen: „Es sind bereits über vier Jahre vergangen, seitdem ein Bote aus Rohan in die Taverne getreten war. Als dieser nach dir fragte, gab ich mich als deine Tochter aus und nahm den Brief entgegen. Seither trage ich ihn immer stets bei mir, in der Hoffnung, ihn dir eines Tages aushändigen zu können. Und nun ist endlich dieser Zeitpunkt gekommen.“ Sie schob den Umschlag langsam näher zu Lorgan, neben dessen letzten, noch gefüllten Bierkrug.
          Zuletzt geändert von ROWL; 22.06.2010, 18:48.
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          • #6
            AW: Kapitel 4 - Das Unheil trägt einen Namen

            ‘Sagt mir, dass ich träume!’ Wugi betrachtete fassungslos das zusammengeschnürte, braungrüne Bündel in seinen Händen und präsentierte es wie eine Trophäe den ebenfalls am Lager der bewusstlosen Halb-Elbin versammelten Thalicair, Eomolch und Erath. Es waren inzwischen zwei Tage vergangen, seitdem sie die Unbekannte inmitten zerschmetterter Felsen gefunden hatten, und noch immer waren Thalicairs eifrige Versuche, diese aus dem Traumland zu erwecken, erfolglos geblieben. In der Hoffnung, wenigstens etwas über Herkunft und Reiseziel der Fremden erfahren zu können, hatten sie sich deshalb in der Abwesenheit von GenROWLiar und der anderen Zwerge, die währenddessen den noch zu beschreitenden Weg nach Feuerholz und einer geeigneten Schutzstelle für die Nacht absuchten, dazu entschlossen, die Kleidung der Frau auf mögliche Anhaltspunkte zu untersuchen. Es war eine delikate Angelegenheit, da der Anstand ein gar zu gründliches Abtasten verbot, dennoch hatten sie bereits nicht ohne jede Überraschung zwei Dolche hervorgeholt, sowie einen Mörser und Stößel der gleichen, kunstvollen Schaffensart. Wie groß war jedoch ihr Erstaunen, als sie schließlich ein dickes Bündel, dem Geruch nach zu urteilen erstklassigen, Pfeifenkrauts entdeckten!

            ‘Ihr träumt, Herr Zwerg,’ erwiderte Thalicair nach kurzem Zögern auf Wugis überraschten Ausruf, ‘wenn Ihr meint, das Kraut der Fremden ohne ihr Einverständnis verbrauchen zu können.’ Er machte eine bestimmende Handbewegung, die Wugi signalisierte, die getrockneten Blätter zu den anderen bisherigen Funden zu legen, aber der Zwerg erweckte nicht den Anschein, dass er seine unverhofte Beute so schnell wieder herausgeben wollte, hielt sie fest an seine Brust gepresst und atmete genießerisch ihren betörenden Duft. ‘Thalicair hat Recht,’ versuchte nun auch Eomolch Wugi von seinen eigensinnigen Gedanken abzubringen, ‘Wir wissen noch nicht einmal, wer sie ist. Vielleicht ist sie eine Hexe, und wird dich, sobald sie erwacht ist, aus Rache in einen Frosch verwandeln. Es würde mich dauern, dich den Hohen Pass hüpfend überqueren sehen zu müssen.’ ‘Nun gut,’ zeigte sich Wugi in Anbetracht derartiger Drohungen gesprächsbereit, ‘wenn unsere unbekannte Schläferin gegen meine Wünsche etwas einzuwenden hat, werde ich ihrem Willen nicht Zuwider handeln. Ein Wort von ihr, und ich werde mich für keinen weiteren Augenblick dem Gedanken an eine gestopfte Pfeife hingeben.’ ‘Hört ihr?:’ ergänzte er nach einer Weile sichtlich zufrieden, ‘nichts!’ Wugi strich sich über den ungewohnt gepflegten Bart und wollte sich, als wäre die Sache damit geklärt, erheben, wurde aber von Thalicair energisch zurückgehalten. Eomolch befürchtete fast, dass die beiden Streithähne nun handgreiflich werden könnten, aber in dem Moment mischte sich Erath beschwichtigend in das Gespräch ein: ‘Freunde, lasst uns nicht über derartigen Belanglosigkeiten unsere Einigkeit verlieren! Ich denke, in Anbetracht der Situation, in der wir die Unbekannte aufgefunden haben und in der wir alle uns selbst noch befinden, sollten wir unseren Blick lieber auf das Kommende lenken. Ihr wisst, wohin die Spuren der Kreatur deuteten. Ihr wisst, wie gefährlich der Hohe Pass selbst dann zu überqueren ist, wenn es kein geheimnisvolles Untier zu verfolgen gilt. Eine Hand voll getrockneter Kräuter sollte das Geringste sein, das uns in nächster Zeit beschäftigt.’ Eraths besonnenes Eingreifen hatte erfolgreich eine heftigere Auseinandersetzung verhindert. Thalicair schien sich zu beruhigen, auch wenn er noch immer recht missmutig dreinblickte. Nur Wugi machte den Eindruck, dass ihn Eraths Worte im Gegenteil noch bestätigt hätten. ‘So ist es,’ ließ er seine kräftige Stimme vernehmen, ‘und vergesset nicht, dass das spitzohriges Prinzesschen bald auch von unseren Vorräten zehren wird - wäre es da nicht Rechtens, ihre Ressourcen in ähnlicher Weise aufzuteilen?’

            Wugi hatte in seiner Sturheit einmal mehr die Oberhand behalten. Die drei Menschen ließen ihm seinen Willen, teils weil sie das Diskutieren Leid waren, teils weil sie ihm die kleine Freude trotz ihrer moralischen Fragwürdigkeit gönnten. Sie blickten ihm schweigend nach, als er das Lager verließ, um seinen Zwergenbrüdern den Fund ‘zeigen’ zu können, wie er sagte, nur Thalicair murmelte etwas von ‘teilen’ und ‘Zwerge’, während er zerknirscht und halb geistesabwesend einen der beiden Dolche betrachtete, die sie an den Gürtellaschen der Elbin gefunden hatten. ‘Seltsam,’ meinte er nach einer Weile, inzwischen mit nachdenklicher Miene, ‘Schaft und Klinge dieser Waffe sind mit Ornamenten versehen, wie sie sonst nur auf Zeugnissen numenorischer Schmiedekunst zu erwarten wären. Doch kein Dolch oder Schwert, das ich in meiner Zeit unter den Dúnedain sah, hatte mit diesem hier weitere Ähnlichkeit.’ ‘Ein weiteres Rätsel,’ begann nun auch Erath zu grübeln , ‘wenngleich ich schon von vielen wunderbaren Einzelstücken vergangener Meisterschmiede gehört habe.’

            Zwischen den beiden Männern entspann sich nun ein angeregtes Gespräch über kunstvoll gefertigte Waffen alter Legenden oder solche, die sie bereits mit eigenen Augen hatten sehen können. Eomolch fand es immer mühsamer, den Ausführungen seiner zwei Freunde zu folgen und ertappte sich schon bald dabei, wie er gelangweilt mit seinen Blicken über die recht eintönige Landschaft strich. Er musste an all die fantastischen Geschichten denken, die man sich in Rohan über das Nebelgebrige erzählte und die Faszination, welche die bei gutem Wetter jenseits der dunklen Tiefen des Fangorns sichtbaren, weiß-grauen Bergspitzen auf viele Menschen in seiner Heimat noch immer ausübten. Es war der Gedanke der Freiheit, wie ein Adler durch die grenzenlosen Ebenen des Himmels zu schweben, den sie so über alle Maßen liebten. Doch was war von solch träumerischen Bildern geblieben? Wind und zunehmende Kälte hatten den Gefährten zugesetzt. Die Weiten steiniger Grashänge, die unter ihnen, und jene mit blendend weißem Schnee bedeckten, die noch vor ihnen lagen, waren nur eine Illusion, die einer Realität aus engen Steilpässen und von Abgründen flankierten Pfaden nichts entgegenzusetzen hatte. Eomolch merkte, wie ihm die Reise durch die trostlose und ungastliche Gegend zunehmend aufs Gemüte schlug. Er sehnte sich nach den gleichsam unter ihm dahingleitenden Steppen Rohans. Er dachte an die vielen Stunden des Reitens, in denen er, wie es ihm manchmal scheinen wollte, jeden einzelnen Stein der Westfold und jeden Grashalm der umliegenden Dörfer und Gehöfte gekannt und beritten hatte.

            Noch bevor Eomolch sich aber endgültig wehmütigen Gedanken an seine ferne Heimat hingeben konnte, ließ ihn eine zunächst nur im Unterbewusstsein registrierte Bewegung innehalten. Was war das? Hatte er wirklich etwas gesehen? Eomolch blickte sich nun zunehmend beunruhigter um, konnte aber weder in der Nähe noch in größerer Entfernung etwas Ungewöhnliches entdecken. GenROWLiar und die Zwerge schienen ihre Suche noch nicht beendet zu haben, und auch Erath und Thalicair saßen weiterhin in ihr Gespräch vertieft an seiner Seite. Als Eomolch sich schon fast sicher war, dass seine Augen ihm einen Streich gespielt haben mussten, schaute er schließlich noch einmal zum Krankenlager der unbekannten Elbin: Sie hatte die Augen geöffnet. Eomolch brauchte einen Moment, um zu begreifen, was diese kleine Veränderung bedeutete, dann machte er seine Gefährten hastig auf die Geschehnisse aufmerksam. Vorsichtig näherten sie sich der erwachenden Fremden, Eomolch legte dabei noch rasch seinen Helm ab, um keinen feindseligen Eindruck zu erwecken.

            ‘Wer seid Ihr?’ Große grau-grüne Kinderaugen fragten sie aus, offenbarten ihnen Angst und Neugier zugleich. ‘Ich bin Thalicair,’ versuchte der junge Wahlsohn der Waldläufer der Unbekannten zu antworten, stockte aber unter ihren Blicken und schaute beschämt zu Boden. ‘Und wir sind zwei seiner Gefährten, Eomolch von Rohan und Erath, Sohn eines Kaufmanns aus Esgaroth,’ half Erath gestenreich dem armen Thalicair aus seiner Verlegenheit und ergänzte erklärend: ‘Wir fanden Euch bewusstlos und ohne die Spur einer Begleitung. Da alle uns bekannten Ansiedlungen der Menschen oder auch Elben mehrere Tagesmärsche entfernt lagen, wussten wir uns keinen besseren Rat, als Eure Vergiftung im Schoße der Wildnis zu versorgen.’ ‘Vergiftung?’ wiederholte die Fremde fragend, und ihre leicht geöffneten Lippen glichen zwei aufeinanderliegenden Blütenblättern, wie sie im Hauch des ersten Morgenwindes erbebten. Diesmal war es die Elbin, die errötete und ihre Augen niederschlug, als sie die Blicke der drei fremden Männer auf ihrem Körper spürte. ‘Verzeiht,’ sagte sie, ‘dass ich so viele Fragen stelle, bevor ich nicht selbst ausreichend Antwort gegeben habe.’ Sie richtete sich langsam aus ihrer liegenden Position heraus auf, und ihr dunkles Haar, dass zuvor einem Kissen gleich ihren Kopf eingebettet hatte, vervollständigte ihre Schönheit, eine Schönheit, der sie sich selbst noch nicht in voller Gänze bewusst war, da erst der lange Schlaf ihrem Gesicht das Weiche und Milde geschenkt hatte, ihre klaren, feinen Züge so liebenswert machte. ‘Ich bin Aria, Tochter von Logareth aus dem Hause Elronds und Ardra vom Blute Numenors,’ stellte sie sich vor, während ihre neugierigen Augen bereits alle Details der Umgebung in sich aufsaugten, bald auf den von Thalicair sorgsam angeordneten, eigenen Habseligkeiten ruhen blieben, ‘ich wuchs in den Ansiedlungen südlich von Bruchtal auf.’ Eomolch bemerkte ihren Blick. ‘Wir waren neugierig,’ begann er zu erklären, ‘wir fragten uns, wer Ihr wart, und wieso Ihr alleine das Nebelgebirge bereistet. Auch den Grund für Eure Vergiftung, hofften wir, erfahren zu können.’

            Aria schloss für einen Moment ihre Augen. Sie wirkte unsicher. ‘Ich war nicht im Nebelgebirge unterwegs,’ meinte sie schließlich zögerlich, ‘oder zumindest nicht, solange ich noch bei Bewusstsein war.’ Sie lächelte hilflos. ‘Es mag sich vielleicht seltsam anhören, doch in meiner letzten Erinnerung befand ich mich in den Wäldern nord-östlich von meinem Heimatdorf. Die Ausläufer des Nebelgebirges waren nicht fern, aber es hätte für mich keinen Grund gegeben, mich ihnen weiter zu nähern: Die Kräuter, welche ich sammelte, wachsen nur auf fruchtbarerm Boden.’ Die letzten Worte Aria’s lösten Verlegenheit bei den drei Gefährten aus. ‘Kräuter?’ erkundigte sich Thalicair aufgeregt und nicht ohne erneut zu erröten. ‘Eigentlich war es nur ein einzelnes Kraut,’ erwiderte Aria sanft, ‘wir nennen es das Schattennachtkraut, es besitzt schon in kleinen Mengen heilende Kräfte. Vielen ist es allerdings nur durch seine berauschende Wirkung bekannt.’ ‘Warum dann dieser Name?’ fragte nun Eomolch skeptisch, ‘wenn das Kraut doch in seiner Wirkung durchweg positive Eigenschaften hervorbringt?’ ‘Wegen der Gefahren, die seine Anwendung in beiden Bereichen birgt,’ erklärte die Elbin geduldig, nur in ihren Augen konnte man für einen kurzen Moment ein bedrohliches Flackern erkennen, wie bei einer Raubkatze, die sich an ihre Beute herangepirscht hatte und gerade zum Sprung ansetzten wollte, ‘wer zu große Mengen des Schattennachtkrautes verbraucht, dem können Lähmungen verschiedener Arten widerfahren - oder er stirbt.’ Noch bevor Aria die letzten Worte ausgesprochen hatte, war Eomolch bereits aufgesprungen, hatte nach seinem Helm gegriffen und hatte begonnen, den Weg zum Hohen Pass hinauf zu rennen. Zur Erklärung rief er, während er schon lief, den Zurückbleibenden nur noch drei kurze Worte zu, ‘Wugi!’, und: ‘Die Zwerge!’
            Zuletzt geändert von Eomolch; 23.06.2010, 15:45. Grund: Elbin ...
            Wenn drei Personen in einen Raum gehen und fünf wieder rauskommen, müssen zwei Personen wieder hineingehen, damit der Raum leer ist...

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              AW: Kapitel 4 - Das Unheil trägt einen Namen

              Der Manne Rohans musste – dicht gefolgt von Thalicair, Erath und Aria, die sich, wenn auch erst kürzlich aus dem Tiefschlaf erwacht, an der Suche beteiligen wollte – keine weite Strecke hinter sich bringen, ehe er die Gruppe erblickte, die er zu finden und noch viel wichtiger, zu warnen gedachte. Allem Anschein nach waren sie noch rechtzeitig eingetroffen, denn sie beobachteten, wie GenROWLiar betriebsam in verschiedene Richtungen deutend am Waldrand mit den Rücken zu ihnen stand und um ihn herum kleine Gestalten eifrig Trockenholz aufsammelten. „Ein Glück…“, sprach Eomolch erleichtert, als er an den dirigierenden Greis herangetreten war. „…ihr habt Wugi davon abbringen können, das vermeidliche Rauchkraut zu schmauchen. Abgesehen davon, dass es Arias Eigentum ist, bergen die getrockneten Blätter bei unsachgemäßer Dosierung große gesundheitliche Gefahren. Wo ist Wugi eigentlich?“ Durch das Gerede über das Kraut hatte er sofort die Aufmerksamkeit des Zauberers auf sich gezogen. Dieser wandte sich schließlich verwirrt dem Pferdemenschen zu und bemerkte beiläufig die Anwesenheit der erwachten Halbelbin, die er zunächst nicht beachtete. Dann sprach er: „Ich kam schon seit dem letzten Dorffest nicht mehr in den Genuss von Pfeifenkraut.“, während die Worte seinen Mund verließen, kreisten seine Gedanken um den letzten Rauchgenuss, dem er sich mehrere Tage zuvor gemeinsam mit Wugi, hingegeben hatte. Er konnte das erlesende Aroma noch förmlich in seinen Atemwegen vernehmen. Doch da konzentrierte er sich wieder auf das Wesentliche und begann den Ernst der Lage zu begreifen, den die Mienen der vier, deutlich widerspiegelten. „Wugi hat unsere Wege, während unserer Erkundung nicht gekreuzt. Ich hoffe die Ursache seines erneuten Verschwindens liegt nicht abermals am plötzlichen Auftauchen eines Spitzohres.“ Gegen Ende seiner Äußerung warf er der schönen Elbin einen prüfenden Blick entgegen, um auf diese Weise gegebenenfalls anhand ihrer Reaktion ihre wahren Absichten zu erkennen. „GenROWLiar alter Freund. Ihr habt nicht das Recht zu solch heftigen und vor allem unbegründeten Anschuldigungen.“, warf Thalicair instinktiv ein. Doch da ergriff Aria selbst das Wort: „Ihr mögt gewiss Eure Gründe für Euer Misstrauen mir gegenüber haben, dennoch solltet Ihr eines bedenken: Ich hege keinen Groll gegen euren Zwergenfreund, ich habe ihn noch nicht einmal zu Gesicht bekommen. Doch sollten wir ihn nicht finden, ehe er sich an den Inhalt meines Krautbeutels zu schaffen macht…“ Spätestens in diesem Augenblick hatte sie die volle Aufmerksamkeit aller Anwesenden inne. Jeder einzelne von ihnen sorgte sich um ihren treuen, wenn auch sturen Gefährten und hielt den Atem an, sodass die herrschende Stimmung nun enorm angespannt war. Die Zwergenkrieger ließen sogleich das gesammelte Feuerholz zu Boden fallen und hielten um das Schicksal ihres tapferen Anführers bangend inne, GenROWLiar wartete ungeduldig auf die Bestätigung seiner dunklen Vorahnung und die übrigen Gefährten Erath, Eomolch und Thalicair – bereits in Kenntnis über die Sachlage – vermochten nicht länger tatenlos kostbare Zeit verstreichen lassen. Währenddessen wich Arias besorgte Miene einer ernsten und fuhr schließlich mit kühler Stimme fort: „…erwartet ihn womöglich der schleichende Tod.“ Sofort machte sich die Gemeinschaft in kleinen Gruppen auf die Suche nach dem Zwerge, dessen Leben sich nun in größter Gefahr befand.

              „Ich kann meine Gedanken einfach nicht von ihren smaragdgrün funkelnden Augen abwenden.“ Thalicair lief zunächst still neben der flink durch die Wälder streifenden Halbelbin her, aber seine Blicke und seine Gedanken bedurften keiner Worte. Aria, endlich einer Fährte auf der Spur, eilte jedoch in einer solch hohen Geschwindigkeit, dass sie von der Zuneigung des Waldläufers nichts mitbekommen hatte. „Woher nimmt sie so kurz nach dem Erwachen aus einem Tiefschlaf, der durchaus zum Tode hätte führen können, all diese Kraft?“, wunderte er sich. Allerdings verlor auch jener zu keiner Zeit den Ernst der gegebenen Stunde aus dem Sinn und brach das Schweigen, indem er in regelmäßigen Abständen immer wieder lautstark den Namen des vermissten Zwerges in den Pinienwald am Fuße des stets präsenten Nebelgebirges, unweit vom Pfade zum Hohen Pass, hineinrief: „Wugi, wo seid Ihr!“, schallte es immer wieder in den Wald hinein, wobei sich Thalicair plötzlich an eine ähnliche Situation erinnerte, in der er damals, nach dem erfolgreichen Angriff auf das Banditenlager nahe Bree, gemeinsam mit seinen Gefährten, nach ihrem verschwundenen Freund, gesucht hatte. Er hoffte auf einen ähnlich guten Ausgang der bedrohlichen Lage, wie an jenem Tage.
              Kurz nachdem die Schritte der Elbin rascher wurden, ließen die beiden schließlich den Nadelwald hinter sich und fanden sich auf einem kleinen Felsvorsprung wieder, der eine klare Sicht auf ein in kräftiges Grün getauchtes Tal unter einem wolkenlosen, von der Mittagssonne beschienenen Himmel, darbot. Zu ihrer Verwunderung waren die zwei jedoch nicht die einzigen, die den Ausblick genossen. Denn nur wenige Schritte von ihnen entfernt entdeckten sie eine behaarte Gestalt, die zu ihrer Rechten, ruhig auf einem Stein sitzend, die Blicke in die Ferne schweifte. Erleichterung machte sich breit, nachdem sie Wugi scheinbar unbeschadet und noch bei Sinnen aufgefunden hatten. Als dieser jedoch Arias Anwesenheit bemerkt hatte, schien der gefundene Zwerg plötzlich sehr nervös zu werden, wühlte in seinen Taschen umher und brachte nur ein kaum zu verstehendes „Entschuldigt mein unziemliches Verhalten.“ unter seinem rötlichen Bart hervor, bevor er ihr reumütig den wie er es ausdrückte „ausgeliehenen“ Beutel aushändigte. Auf dem kurzen Rückweg zu ihrem provisorischen Lager erklärte die Kräuterkundige den Grund ihrer aller Besorgnis und wie wichtig es gewesen sei, dass er nicht Hand an dem gefährlichen Kraut angelegt hatte, so wie jener zu dem Zeitpunkt nicht zum letzten Mal beteuern sollte.

              Die übrigen Mitglieder der Gemeinschaft erhoben sich besorgt von ihren aus Gestein, oder Gehölz geschaffenen Sitzgelegenheiten, sobald sie die drei herannahen sahen. Doch schon bald machte sich Erleichterung breit, als sie Wugis erläuternden Worten lauschten. Er habe lediglich nach einem geeigneten Ort gesucht, an dem er sich nur in der Gesellschaft seiner Freunde und niemals ohne die Erlaubnis der ursprünglichen Besitzerin – letzteres betonte er besonders eindringlich – dem Rauchgenuss hingeben wollte. Und wahrlich, das konnten Thalicair und Aria bestätigen, die passende Kulisse hatte er gefunden, doch mochten einige nicht all seinen Ausführungen Vertrauen schenken. Der sonst so mürrische Zwerg legte nämlich eigenartiger Weise ein auffällig ruhiges, gar gleichgültiges Verhalten an den Tag. Zudem hatte Aria hatte den Eindruck, sie hätte den leichten Geruch von Rauch an dem unschuldsbeteuernden Zwergen vernommen und eine Reaktion auf den Ausruf seines Namens blieb auch aus. Er konnte Thalicairs kräftige Stimme unmöglich überhört haben. Allerdings konnte sie nicht mit Sicherheit feststellen, ob sich das Gewicht und die Menge des Beutelinhaltes verändert hatten und somit musste sie ihm vorerst Glauben schenken. Sie warnte ihn jedoch vor der langsam, ja fast unbemerkt eintretenden Wirkung des giftigen Krautes. Daraufhin erhob sich GenROWLiar und wandte sich zunächst an Wugi, der dicht neben ihm stand: „Alter Freund, lasset Euer plötzliches Verschwinden aus unserer Mitte nicht zur Gewohnheit werden. Oder meint Ihr etwa es sei einfach nach jemandem von eurer Größe zu suchen, der sich aus der Ferne kaum von einem Stein, oder einem Baumstumpf unterscheidet?“ Ein Schmunzeln machte sich auf den inzwischen vom Schein des Feuers erhellten Gesichtern breit. Nach kurzem, bedächtigem Schweigen, erfasste der Zauberer die Augen der Elbin und sprach schließlich: „Werte Aria, ich habe Euch Unrecht getan. Bitte nehmt zum einen meine Entschuldigung und zum anderen meinen Dank an. Obwohl Ihr unseren eigensinnigen Gefährten nicht gekannt habt, wart Ihr bereit, Euch an der Suche nach ihm zu beteiligen und habt ihn letztendlich zusammen mit Thalicair, sicher zu uns zurückgeführt.“ Plötzlich entspannten sich die Blicke der Angesprochenen und sie erstaunte die Runde mit folgender, ehrbaren Äußerung: „Ihr schuldet mir weder Rechtfertigung, noch Dank. Das Wohl Eures Freundes Wugi lag mir nämlich am Herzen, da ich allein die Verantwortung über meine Kräuter und deren Auswirkungen trage. Unschuldige Leben dürfen dabei nicht zu Schaden kommen.“ Die Herzen der Zuhörer waren ob dieser edlen Worte ergriffen. Und so war es an der Zeit, sich nach dem Abendmahl und einiger Abenteuergeschichten im Lichte der tanzenden Flammen, der nächtlichen Ruhe zu widmen. Nur Aria zog ihre verborgenen Gedanken dem erholsamen Schlaf vor: „Die Wiederbeschaffung des Schattenmondkrautes war mein Begehr, sodass nicht aus purem Zufall ein voreiliger Verdacht aufkommen möge. Das Leben des starrköpfigen Zwerges war lediglich von nebensächlicher Bedeutung.“ Kälte war nicht nur in ihren heimlichen Überlegungen zu vernehmen, denn auch die rasch hereingebrochene Nacht und die tobenden Winde, die ihren Ursprung weit oben bei den hochgetürmten, eisigen Gipfeln hatten, trugen die unangenehme Kühle bis in die bewaldeten Täler des Vorgebirges. Dies war ein kleiner Vorgeschmack auf das, was ihnen bei der Überquerung des Nebelgebirges noch bevorstand.
              Zuletzt geändert von ROWL; 27.06.2010, 13:00.
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                AW: Kapitel 4 - Das Unheil trägt einen Namen

                Als er den Brief öffnete und eine vertraute Handschrift sah, fiel es ihm wie Schuppen von den Augen als er erkannte, dass der Brief von einem alten Kampfgefährten stammte, einem Söldner aus Rohan. Hastig las er den Brief Zeile für Zeile durch. Danach ein zweites Mal.
                Schließlich wandte Lorgan sich fragend an Sarah: "Vor vier Jahren sagtest du, kam dieser Brief?"
                Sarah nickte. Lorgan schloss kurz die Augen und ging in sich. Plötzlich stand er ruckartig auf und eilte in Richtung Ausgang, doch Sarah folgte ihm und erwischte ihn gerade noch an der Schulter.
                "Wo willst du denn hin Lorgan, du bist doch gerade erst heimgekehrt?"
                Lorgan hielt kurz inne, drehte sich um, nahm ihre Hand von seiner Schulter und sagte: "Ich muss gehen. Der Brief mag vor Jahren eingetroffen sein, doch das macht seinen Inhalt nicht weniger dringlich. Ich muss gehen."
                Mit diesen Worten verließ er die Taverne und bog in die vollen Straßen Minas Tiriths ein um sich wenig später mit frischem Proviant eingedeckt ein Pferd auszuleihen (sein eigenes war noch zu erschöpft) und erneut durch das große Stadttor zu reiten.
                Zuletzt geändert von Nefarius; 09.07.2010, 14:40.
                Vorsicht: Dieser Post stammt von einem Ungläubigen

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                  AW: Kapitel 4 - Das Unheil trägt einen Namen

                  Es missfiel ihm ganz und gar, seiner geliebten Heimatstadt, in die er endlich zurückgekehrt, nach einem solch kurzen Aufenthalt wieder den Rücken kehren zu müssen. Doch die überraschende Nachricht erforderte rasches Handeln und so ließ er die majestätische, Weiße Stadt Gondors hinter sich, um seinen treuen Abenteuergefährten Kamir aufzusuchen, der Lorgan in dessen Anfangszeit als Söldner stets zur Seite stand. Und so bestritten sie damals gemeinsam viele Abenteuer, weder Sorgen, noch Verpflichtungen plagten ihr Gemüht, lediglich das nächste, lukrative Geschäft im Sinn, bei dem sie ihrem Jagdtrieb freien Lauf lassen konnten. Voll Wehmut erinnerte sich der in die Jahre gekommene Kämpfer an die längst verstrichenen Tage der Unbekümmertheit. Nun war es jadoch an der Zeit über Kamirs Brief zu nachzudeneken, den Sarah dankenswerter Weise all diese Jahre für ihn aufgehoben hatte. Allerdings konnte er seine Gedanken auch nicht ganz von der ungestümen Schönheit lassen, die offensichtlich irgendetwas für den alten Kauz empfand. Er wusste nicht recht, welchen Überlegungen er eher nachgehen sollte. Denen, die eine hoffnungslose Liebelei mit einem Mädchen verhießen, das altersbedingt seine Tochter hätte seien können, oder der von Sorge getränkten Befürchtung, seinen getreuen Kampfgefährten unwissend im Stich gelassen zu haben. Den Lorgan gewidmeten Zeilen war lediglich das Gerede über den „Auftrag ihres Lebens“ und die dringlich benötigte Unterstützung des erfahrenen Söldners im Kampf gegen einen unbekannten Magierorden, zu entnehmen. Hätten sich nicht damals aufgrund einer persönlichen Auseinandersetzung ihre Wege getrennt, wäre die Nachricht wesentlich eher zu Lorgan gelangt und dieser würde nicht einem ungewissen Wiedersehen mit Kamir – dessen gegenwärtiges Ergehen und genauer Aufenthaltsort sind unbekannt – entgegenreiten, fortdauernd die massive Bergwand des Ered Nimrais zu seiner Linken, die ihm wegweisend die Nacht durch die Reflexion des Mondscheines erhellte. Die weite, dürre Hügellandschaft wich zusehends spärlich bewaldeten Gefilden, die Dank derer Baumvielfalt zumindest etwas mehr Abwechslung für das Auge boten. Um etwas Zeit zu gewinnen, hatte Lorgan sogar ursprünglich vor, die Nacht durchzureiten, wie er es bereits in frühen Tagen bei lang andauernden Verfolgungsjagden getan hatte. Sein Alter durchkreuzte jedoch sein Vorhaben und Müdigkeit machte sich in ihm breit, sodass er dringend eine Rast benötigte, für die er allerdings die Erschöpfung des neuen, ungewohnten Rosses, verantwortlich machte. Schließlich stieg er angestrengt vom Rücken des noch – objektiv betrachtet – durchaus agil wirkenden Pferdes und setzte sich auf einem Stein am Ufer eines kleinen Flusses nahe der Grenze zu Ostfold, nieder. Die Beschaffung von Trockenholz für die Entzündung eines schützenden Lagerfeuers war für ihn mit zu großem Aufwand verbunden und so blieb ihm nichts anderes übrig, als die Nacht voll lauernder, unbekannter Bedrohungen in Dunkelheit zu verbringen. „Es gibt keinen Grund zur Sorge, solange ich noch in der Lage bin mein mächtiges Langschwert zu zücken. Diese kunstvoll geschmiedete Klinge hat bereits vielen meiner Gegner, die die Kampfkraft eines zwar einzelnen, jedoch gut ausgebildeten Mannes unterschätzt hatten, das Leben gekostet.“, wog sich Lorgan in Sicherheit, während er das besagte Schwert betrachtete.

                  Ein leises Geräusch war plötzlich zu vernehmen, oder war er trotz seiner Entschlossenheit wach zu bleiben, nun doch seiner Müdigkeit erlegen? Somit hätten ihm seine Träume lediglich einen Streich gespielt. Rückartig richtete er seine prüfenden Blicke mitten in die Finsternis gen alle Richtungen, um wenigstens die nahe Umgebung auf Gefahren zu untersuchen. Der Mond erhellte aufgrund der stetig aufziehenden Wolkenschwaden nur spärlich den Nachthimmel und der Boden des kleinen Mischwaldes war mit dem gesprenkelten Schatten der Blätter, die sich gleichmäßig im Takte des Windes bewegend zu tanzen schienen, übersät und sorgte somit für denkbar schwierige Sichtverhältnisse. Nichtsdestotrotz konnte er die unveränderte Position seines rastlosen Pferdes ausmachen und untersuchte seine Habe nach derer Vollständigkeit, um einen unbemerkten Diebstahl ausschließen zu können. „Ganz ruhig mein Junge, wir werden uns doch nicht von Waldgeräuschen Angst einjagen lassen.“, redete der Manne Gondors beruhigend auf das stampfende Ross ein, während er es sanft streichelte. Dennoch hatte auch er das unwohle Gefühl unter Beobachtung zu stehen. Zu keiner Zeit verlor er seinen unmittelbaren Umkreis aus dem Blick und fokussierte seine durch das jahrelange Söldnerdasein geschärften, harterprobten Sinne, um jede noch so kleine Bewegung frühzeitig wahrnehmen zu können.

                  Erneut hat der Kämpfer seinem Instinkt vertraut und abermals war er seinem Feind einen Schritt voraus, wie es bereits ach so oft in seiner Vergangenheit geschehen war. Und auch diesmal spürte er diese Genugtuung, als seine starke Rechte zum Heft des Langschwertes glitt. „Für wahr, Ihr seid ein Halunke, ein feiger obendrein. Schleicht Euch hinterrücks heran, um mich zu erschlagen?“, sprach Lorgan zornig, als er eine Gestalt bemerkte, die sich zwar unweit von seinem Rücken, aber dennoch in Reichweite seiner Klinge befand. Schlagartig zog er das Schwert, aber diesmal war es anders, als die unzähligen Male zuvor. Binnen eines Wimpernschlages entschied der Söldner, den gezielten Schwertstreich nicht zum tödlichen Ende zu führen und brachte die scharfe Klinge im letzten Augenblick vor der pulsierenden Halsschlagader des Unbekannten zum Stillstand. Er hatte nämlich das Gefühl, sein vor Schreck erstarrtes Gegenüber sei ihm vertraut. Daraufhin bahnte sich ein heller Mondstrahl durch die weichenden Wolken und die dichten Baumkronen hindurch, sodass für einen kurzen Moment das Gesicht der zierlichen Gestalt zu erkennen war.
                  Zuletzt geändert von ROWL; 16.07.2010, 15:39.
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                    AW: Kapitel 4 - Das Unheil trägt einen Namen

                    Es bestand kein Zweifel, dies war das Antlitz der jungen Wirtin aus Minas Tirith, Sarah. Doch was hatte sie an solch einem Ort zu suchen und wie war sie dorthin gelangt? Sogleich ließ Lorgan sein Schwert senken und steckte es in dessen Scheide. Es vergingen noch einige Augenblicke des Schweigens, ehe der überraschte Söldner eine Erklärung für die unerwartete Anwesenheit des verängstigten Weibes einfordern wollte. Doch dazu kam es vorerst nicht, denn sobald sich der erste Schrecken gelegt hatte, blickte Sarah eindringlich in die eisblauen Augen des betagten Kämpfers und suchte Schutz in dessen starken Armen.
                    Am Flussufer begann sie schließlich der Verwirrung um ihr plötzliches Auftauchen ein Ende zu bereiten und erzählte Lorgan, wie sie kurz nach dessen Aufbruch entschieden hatte, ihr tristes Dasein als Wirtin in einer heruntergekommenen Taverne gegen ein Leben in Freiheit an der Seite eines erfahrenen Söldners, einzutauschen. Daraufhin habe sie ihrem Lebensgefährten einen Abschiedsbrief hinterlassen, das nächstbeste Pferd entwendet und den direkten Weg Richtung Rohan eingeschlagen. Das Spurenlesen habe ihr noch im Kindesalter einer ihrer Gäste beigebracht – Lorgan versuchte sich angestrengt zu erinnern, ob er selbst damit gemeint war – und so konnte sie seine Fährte bis zu diesem Wald verfolgen, bis sie ohne erkennbaren Grund schmerzhaft vom Rücken ihres Gaules befördert wurde, welches anschließend unaufhaltsam das Weite gesucht hätte. Danach sei sie ziellos umhergeirrt, bis sie wie durch ein Wunder seine Stimme vernommen hatte, bevor sie den kalten Stahl an ihrer Kehle spürte. „Wie konnte ich meinen Weg mit so wenig Umsicht bestreiten, dass ich nicht einmal der Verfolgung durch eine Wirtin gewahr gewesen bin? Zu viele sorgvolle Gedanken stahlen meine Aufmerksamkeit.“, überlegte Lorgan, während er den Worten der an ihn geschmiegten Maid lauschte. Er musste sich aber gegen die reizende Vorstellung, mit Sarah an seiner Seite den Beginn eines neuen Lebens einzuläuten, zu ihrem eigenen Schutze vor Lorgans Vergangenheit, zur Wehr setzen. Zahlreiche Feinde haben es auf seinen Kopf abgesehen, die einen verlorenen Anverwandten, oder Gefährten zu rächen gedachten. Er durfte sie einfach nicht in dieses gefährliche, ungewisse Leben hineinziehen. Er würde sie vorerst mit nach Rohan geleiten und war fest entschlossen von dort aus die Reise ohne Begleitung fortzusetzen. Sobald die Morgendämmerung einsetzte und die ersten Vögel zum kollektiven Gesang einlud, ritten die beiden ihrem Ziel Edoras, dem Hauptsitz Rohans, entgegen.

                    Zwei Tage des rastlosen Reitens waren seit jener Nacht vergangen, bis das ungleiche Paar endlich Einkehr in einer Pension nahe der besagten Stadt, suchte. Erschöpft betraten sie das geräumige Zimmer, das sie sich natürlich nur aus Kostengründen geteilt hatten und holten den versäumten Schlaf weitestgehend nach, bis die Kirchenglocken die Mittagszeit einläuteten. Lorgan machte als erster Anstalten, das Bett zu verlassen, um den hiesigen Stadtverwalter aufzusuchen, der ihm den Standort von Kamirs Bleibe offenbaren würde. Er wollte die Ausreißerin zunächst weiter schlafen lassen, um sie vor ihrem eigenen Übermut zu beschützen und beschloss, sie nach der Inforationsbeschaffung erneut aufzusuchen. Bereits in Minas Tirith hätte er den Fehler vermeiden müssen, sie in seine Absichten, seinen alten Kameraden in Rohan aufzusuchen, einzuweihen. Er hatte nie damit gerechnet, dass sie ihm folgen würde. Dieses Missgeschick sollte ihm kein zweites Mal widerfahren und somit verließ er geräuschlos das Zimmer, nachdem er sich nochmals über den anhaltenden Schlafzustand Sarahs vergewissert hatte. Doch sobald die Zimmertür ins Schloss gefallen war, öffneten sich ihre Augen abrupt und ein selbstgefälliges Grinsen machte sich auf ihrem Gesicht breit. „Mein liebster Lorgan, so einfach werdet Ihr mich nicht los.“, sprach sie in die Leere der Stube hinein und legte geschwind ihre Tagesgewand an. Nicht nur ihre Neugier trieb sie an dem Söldner zu folgen, sondern auch der Wunsch ihm im Falle einer Notlage zur Seite stehen zu können. Dank ihres weiblichen Charmes konnte sie sogar dem kleingewachsenen Mann am Tresen der Unterkunft entnehmen, welche Richtung der melierte Krieger eingeschlagen hatte. „Der alte Kämpfer war sehr in Eile und hat nach einem gewissen Kamir erkundigt. Ich habe ihm lediglich den Weg zu unserem Stadthalter erklärt, der über das meiste Wissen um die Einwohner unserer schönen Stadt, verfügt.“
                    Nachdem sie das Gebäude verlassen hatte, fiel ihr sogleich die ländliche Gegend um Edoras auf. Sie war bislang noch nie über die Grenzen Gondors hinaus gewesen und musterte die rustikale Bauweise der Häuser, die ihr bei ihrer Ankunft in Mitten der Nacht nicht aufgefallen waren. Grobe Ziegelsteine formten die Hauswände, die von Stroh überdacht waren. Sogar als sich ihr eine Mitfahrgelegenheit auf einem mit Weinfässern beladenen Karren ergeben hatte – Lorgan hatte sich beritten auf den Weg gemacht – und sie sich dem Marktplatz der Stadt näherten, suchten ihre Augen vergebens nach prunkvollen Bauten. Der Geruch von Heu und Pferd war jedoch allgegenwärtig und spätestens nach den Unterhaltungen mit dem Karrenführer wurde ihr klar, worauf diese Menschen wirklich Wert legten. Weder die funkelnden Goldmünzen, noch die prächtigen Hausfassaden samt ihrer strahlenden Kuppeln geben dem Volke Rohans seine Lebensfreude, sondern ein kühles Bier und deftige Speise im Kreise seiner Liebsten, nach einem arbeitsreichen Tag, begleitet von Tanz und Gesang, werden den materiellen Werten vorgezogen. Hinzu kommt ihr besonderes Verhältnis zu den Pferden, die sogar als Teil der Familie angesehen werden. All diese Eindrücke berührte Sarahs Herz und sie stellte sich vor, wie ihr Leben als Teil dieses bodenständigen Volkes aussehen möge.
                    Plötzlich, als der Karren vor dem Gebäude des Stadtverwalters Halt machte, bedankte sich die ehemalige Wirtin für die Erlaubnis zur kostenlose Mitreise und stieg vom Wagen herab, um ein geeignetes Plätzchen mit guter Sicht auf den Gebäudeeingang, zu suchen. Es verging auch nur ein kurzer Moment, ehe sich die beobachtete Tür öffnete und Lorgan aus ihr heraustrat. Dieser schaute sich zuerst bedächtig um, als ob er mit einem Verfolger gerechnet hätte, bevor er schließlich, sein Ross an der Leine führend, gezielt eine bestimmte Richtung einschlug. Die gepflasterten Straßen hallten das Hufetraben der Pferde, sowie das Fahren der Kutschen zu großem Lärm wider, der sich mit dem emsigen Stadtgespräch der zahlreichen Bürger zu einem schier undurchdringlichen Geräuschpegel vereinte, und somit weiterhin Sarahs unbemerkter Verfolgung zu Gute kam.

                    In der Zwischenzeit hat die Gruppe der Gefährten in einem Zweitagesmarsch die ersten Passagen des Hohen Passes ohne nennenswerte Zwischenfälle gemeistert. Allerdings lag der gefährliche Teil noch vor ihnen, denn jetzt erst macht sich die eisige Kälte bemerkbar. Der schneebedeckte Boden des schmalen Bergpfades am Rande des bodenlosen Abgrundes erfordert die volle Aufmerksamkeit jedes Einzelnen, um das Risiko einer Gefahrensituation im Vorhinein zu mindern. Ausgerechnet in diesem Moment fiel Wugis Körper ohne jegliche Vorwarnung vornüber zu Boden. Glücklicherweise konnte Erath dank seiner blitzschnellen Reaktion Schlimmeres verhindern und den regungslosen Leib vor dem unaufhaltsamen Rutsch in die tödliche Tiefe bewahren, indem er mit einem kräftigen Satz auf ihn sprang und diesen mit aller Kraft festhielt. Alle blickten erschrocken auf den bewusstlosen Zwerg und sie wussten sofort, dass dieser Vorfall nur mit Arias Kräuterbeutel in Verbindung gebracht werden konnte. „Dieser kleine Sturkopf muss uns in Bezug auf seinen nicht zugegebenen Gebrauch von Arias Kräutern die Unwahrheit unterbreitet haben.“, stellte GenROWLiar empört, wenn auch nicht überrascht, fest. Nun schauten sie alle die kräuterkundige Elbin fragend an und hofften bald einen rettenden Vorschlag aus ihrem Munde vernehmen zu können. Diese war jedoch zu diesem Zeitpunkt in Gedanken versunken. „Nachdem der gestrige Tag ohne Auffälligkeiten verstrichen war, hoffte ich, den Vorfall mit dem diebischen Zwerg ohne nachhaltige Auswirkungen überstanden zu haben. Ich hatte bislang keine Erfahrungen mit den Reaktionen meiner Kräuter auf kleinwüchsige Körper. Und nun stehen doch mein Geheimnis und was noch viel wichtiger ist, das Leben Wugis, auf dem Spiel.“
                    Zuletzt geändert von ROWL; 18.07.2010, 20:38.
                    sigpic

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                    • #11
                      AW: Kapitel 4 - Das Unheil trägt einen Namen

                      Es dauerte eine Weile, bis Aria sich der allgemeinen Erwartungshaltung ihr gegenüber bewusst wurde. Sie wirkte versunken, in sich, in die mit Schnee getränkten Wogen des Sturms, welche rastlos auf die Reisenden niedergingen. Auch ihre Kleidung, endloser Stoff, wider der Kälte zu Kapuzen und Tüchern verwoben, hielt sie gefangen, war Versteck vor der Welt, obwohl es gleichsam die Welt vor ihr versteckte.

                      Mit einem Ruck legte Aria ihr Gesicht von allen Wärmehüllen frei. Ihr Haar hatte sie zu einem festen Kranz verflochten, dass es den an ihm zerrenden Lüften trotzen konnte, und auch mit ihrer Stimme stemmte sie sich nun gegen den Sturm, versuchte die dicht brausenden Winde mit klaren Worten zu durchdringen. Sie hieß den Gefährten, Wugi auf das Pferd zu schnallen und gemeinsam Unterschlupf zu suchen. ‘Beeilen wir uns,’ rief sie, ‘ein Zögern könnte für Wugi den Kältetod bedeuten.’ Arias Rat wurde von der Gemeinschaft ohne ein Wort des Zweifels befolgt. Es war nicht die Zeit, um Diskussionen zu entfachen: Der zuvor von Morgenwind transportierte Proviant musste zum Tragen aufgeteilt, und der Zwerg an seiner Stelle auf den Rücken des Pferdes gehievt werden. Der Abgrund drohte von der Seite, Kälte und Angst vor Fehltritten schienen jeden Muskel und Gedanke lähmen zu wollen.

                      Es dauerte seine Zeit, bis die Gefährten ihren Weg durch den Schneesturm neu formiert fortsetzen konnten. An der Spitze schritt nun Erath, trieb seine große Gestalt wie einen Keil in die Phalanx des Windes hinein. Dicht in seinen Schatten gedrängt folgten Thalicair und Aria, welche Morgenwind und den bewusstlosen Wugi mit sich führten, und dahinter die restlichen Zwerge, deren gedrungene Leiber dem Treiben des Sturms die geringste Angriffsfläche boten. GenROWLiar und Eomolch liefen am Ende des Zuges. Sie schienen zu diskutieren, zeigten ernste Mienen und mussten, um einander verstehen zu können, oft so nah zusammenrücken, dass sie sich das ein ums andere Mal im Lauf behinderten und immer weiter hinter die Gruppe zurückfielen. Es war ein zäher Marsch, Meter um Meter musste dem langen Anstieg abgetrotzt werden. Nur widerwillig gab sich der Berg den Füßen der Wanderer Preis, türmte Schnee auf sein Haupt und donnerte mit fernen Lawinen. Umso größer war die Erleichterung, als endlich der höchste Punkt des Passes erreicht war, der Fels seine erdrückende Umarmung löste und ihnen sein Inneres zugänglich machte. Höhlen und Gänge verzweigten sich dort ins Dunkle, flüsterten den Reisenden süße Verlockungen ins Ohr, und jammerten schaurig als niemand ihrem Rufen folgte.

                      Die Gruppe wählte ihren Unterschlupf nicht leichtfertig - Erath verlangsamte seine Schritte erst dann, als sie eine Höhle gefunden hatten, die ausreichend klein war, um unliebsame Überaschungen aus den Tiefen des Berges ausschließen zu können, und ausreichend groß, dass dennoch für alle genügend Schutz vor Kälte und Wind geboten war. Sie richteten Wugi rasch ein notdürftiges Lager her, und während Aria mit prüfendem Auge den Zustand des bewusstlosen Kriegers untersuchte, scheiterten nacheinander die Entfachungskünste Thalicair’s und Erath’ wie auch sämtliche zwergische Zündversuche am feucht gewordenen Feuerholz. Nur GenROWLiar, der gemeinsam mit Eomolch erst einige Minuten nach allen anderen eingetroffen war, vermochte das unwillige Brennmaterial zu entflammen. Er besah sich alsbald zufrieden den lodernden Scheit, und als auch der letzte aus der Gemeinschaft an der Feuerstelle neben Wugis Lager Platz gefunden hatte, galten alle Gedanken ihrem vergifteten Freund und Gefährten.

                      ‘Ich kann nicht sagen, wann und wie viel meines Krautes er zu sich genommen hat,’
                      begann Aria zu erklären, indem sie vom reglosen Körper des Zwerges aufschaute und sich dem Rest der Gruppe zuwandte, ‘alles was ich zu sagen vermag, ist was passieren wird, wenn wir das Gift in seinem Körper nicht neutralisieren können: Sein Zustand wird sich verschlechtern, die Muskeln in seinem Körper werden nach und nach gelähmt, bis sein Herz zu schlagen aufhört, und er stirbt.’ - ‘Noch bleibt uns Zeit,’ ergänzte sie rasch, als sie merkte, wie sehr die anderen ihre Nachricht erschreckte, ‘das Gift arbeitet langsam. Es wird einen - wenn wir Glück haben vielleicht zwei - Tage dauern, bis der Prozess nicht mehr umgekehrt werden kann.’ ‘Aber es gibt eine Möglichkeit, Wugi zu retten?’ sprach nun Thalicair mit besorgter Stimme die Befürchtungen aller aus. Aria schenkte ihm ein kurzes Lächeln, bevor sie bejahte. ‘Doch zunächst gilt es, seinen entkräfteten Körper vor weiterer Auskühlung zu bewahren,’ sagte sie ernst, ‘wenn wir etwas Schneeschmelze über dem Feuer erhitzen, können wir meine Tücher mit der Flüssigkeit tränken und als heiße Wickel benützen. Das sollte Wugi vorerst vor der Kälte schützen können.’ Aria holte aus einem der Gepäckbündel eine flache Schale hervor, und reichte sie Erath, der sogleich zum Ausgang der Höhle eilte, sie mit ausreichend Schnee zu befüllen. Indessen erklärte Aria dem Rest der Gemeinschaft, wie sie gedachte, Wugis Vergiftung zu behandeln: ‘Es gibt eine Heilpflanze, die auch in unwirtlichen Höhenlagen wie diesen zu finden ist; ein kleines Gewächs ähnlich einem Busch, das den langen Winter übersteht, indem es Nährstoffe in mit den Wurzeln verwachsenen, unterirdischen Knollen abspeichert. Zerrieben ergeben diese Knollen ein Pulver, das antitoxische Wirkungen hervorruft. Mit etwas Glück, wird es das Gift in Wugis Körper stoppen können.’ ‘Ich möchte unsere Hoffnungen ja nur ungern trüben,’ warf nun Erath ein, der inzwischen zusammen mit Thalicair und einem der Zwerge die heißen Wickel für Wugi vorbereitet und anfänglich aufgetragen hatte, ‘aber wie genau wollen wir unter einer meterhohen Schneeschicht eine Pflanze ausmachen, deren möglicherweise einziges Erkennungszeichen im Boden vergrabene Knollen sind?’

                      Für einen Moment schien es, als ob Erath Aria mit seiner Frage verunsichert hätte. Sie starrte kurz und mit angespanntem Blick auf das Feuer in ihrer aller Mitte, hingegen ihre Wangen und Lippen blieben ausdruckslos, wirkten in ihrer Ruhe schläfrig und verträumt. Es war der Eindruck eines Augenblicks, den Aria gewährte, bevor sie zu ihrer Überzeugung zurückfinden konnte: ‘Ich bin mit den Vorlieben der Pflanze vertraut, weiß an welchen Stellen ihr Vorkommen zu erwarten wäre. Sobald sich der Sturm gelegt hat, werde ich mit der Suche beginnen. Dennoch habt ihr Recht, Freund Erath: Wir brauchen das Glück auf unserer Seite.’ Erath, der einsah, dass weitere Zweifel nur der Moral innerhalb der Gruppe schaden würden, versuchte sich jetzt statt dessen in Optimismus zu üben. ‘Ich verstehe,’ gab er sich überzeugt, ‘und wenn man bedenkt, welch unwahrscheinliche Zufälle das Unglück mit Wugi überhaupt erst eingeleitet haben, bin ich guter Dinge, dass die kommenden Zufälle wieder zu unseren Gunsten wirken werden. - Seht, was habe ich gesagt?’ ergänzte er gleich darauf mit Blick auf den Höhlenausgang, ‘Das Schneetreiben hat aufgehört!’

                      ‘Wartet!’ Aria hatte sich bereits mehrere Schritte von Gruppe und Feuer entfernt, als GenROWLiar, der zuvor das Gespräch mit ungewöhnlicher Zurückhaltung verfolgt hatte, sie mit seinen Worten aufhielt: ‘Ich denke, es wäre alles andere als weise, die Suche allein anzutreten.’ Der alte Magier besah sie mit einem wohlwollenden Blick, dennoch zeigte die Elbin wenig Verständnis für seinen Einwand. ‘Aus welchem Grund?’ fragte sie, ‘Außer mir kann sich niemand so frei auf den angetürmten Schneemassen bewegen.’ ‘Dem mag zwar so sein, Frau Aria,’ pflichtete nun Eomolch seinem Gefährten bei, ‘doch Schneestürme und raue Winde sind nicht die einzigen Gefahren, die im Gebirge lauern können.’ ‘Orks?’ ‘Womöglich. Es wäre jedenfalls nicht das erste Mal, das Reisende bei der Überquerung des Hohen Passes verschwinden.’ ‘Also gut.’ Aria gab mit einem angedeuteten Nicken ihr Einverständnis. Sie blickte erwartungsvoll in die Runde, schien mit ihren entrückten Augen jeden einzelnen gleichsam betören zu wollen.

                      ‘Dann lasst mich Euch begleiten, Frau Aria,’ ließ sich nun erstmals Thalicair vernehmen, ‘mein Wissen über Kräuter und Heilpflanzen könnte Euch bei der Suche behilflich sein!’ Es war offensichtlich, wie viel Thalicair diese Anfrage bedeutete. Sein Eifer schien dabei allein von der eigenen Nervosität übertroffen werden zu können: Seine Mundwinkel zuckten und seine Wangen knitterten, während die Stimme in rebellischem Drang ihm den weiteren Dienst versagte. Deshalb blieb er auch stumm, als Aria ihn freundlich-bestimmt zurückweisen musste. ‘Euer Angebot ehrt mich,’ sagte sie, ‘doch wäre es nicht verantwortungslos, Wugi in der Zwischenzeit ohne einen Heilkundigen zurückzulassen?’ ‘In der Tat,’ erhielt Aria diesmal unerwartete Rückendeckung durch GenROWLiar, ‘deshalb schlage ich vor, dass Eomolch Euch begleiten wird.’ Er ergänzte an Eomolch gewandt: ‘Versteh mich nicht falsch, alter Freund, aber solange das mysteriöse Gift Wugi oder den Rest von uns nicht in Pferde verwandeln wird, ist deine Hilfe bei Aria besser aufgehoben.’ Eomolch erwiderte nichts, klopfte dem klugen Greis aber im Vorbeigehen freundschaftlich auf die Schulter, bevor er bald darauf mit Aria in die Weiten des verschneiten Berges entschwand.
                      Zuletzt geändert von Eomolch; 12.08.2010, 13:08. Grund: 2. Teil des Beitrags hinzugefügt
                      Wenn drei Personen in einen Raum gehen und fünf wieder rauskommen, müssen zwei Personen wieder hineingehen, damit der Raum leer ist...

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                      • #12
                        Re: Kapitel 4 - Das Unheil trägt einen Namen

                        Es heißt, das Königreich von Gondor birgt zu viele Geheimnisse als das es ein Mensch in Erfahrung bringen könnte. Aus alter Zeit die Sagen, umsponnene Legenden und Erzählungen von einst.

                        Ithmir, die Stimme des weißen Turmes, der vielleicht strahlenste Bote und Diplomat Gondors musste wohl oder übel einen sehr schweren Weg antreten und war doch so in Gedanken versunken. Da war Denethor, die Depechen und die eilige Botschaft Bruchtal so schnell es geht zu erreichen. Lorien zu seiner Rechten ritt er nun schon den dritten Tag und er sah von Weitem die Ausläufe des Nebelgebirges. Der hohe Pass und die eisige Kälte, Gondors Arm ist fern dieser Gestade, murmelte er und stieß sein Pferd zur Eile
                        Ithmir war aus Minas Tirith aufgebrochen. Es ging die Kunde, Boromir sei aufgebrochen um nach Bruchtal zu gehen, jedoch schicke er keine Nachricht. Es drehte sich um eine geheime Angelegenheit. Denethor persönlich befahl Ithmir den gefährlichen Ritt in die Elbenstadt. Was war doch schon alles passiert? Er war aufgebrochen in Begleitung eines jungen Mannes, der in Rohan kundig war. Doch dieser hatte leider in einer eiligen Sekunde die Kontrolle über sein Pferd verloren und sich wohl ein Bein gebrochen. Ithmir musste den jungen an den Ausläufen der Ostfold zurücklassen und seinen weg fortsetzen.

                        Wieso bin ich diesen Weg geritten, man sagt Isengart hängt unter dunklem Odem, aber das sind Märchen...oder nicht?
                        Der prächtige Mantel des Herolds, einer Hoheit würdig, hing etwas beschmutzt auf dem Pferd und das Banner des weißen Turmes war ebenfalls etwas schmutzgetränkt. Doch bevor er die Nachricht verliere oder seinen Weg nach Bruchtal unterbrechen musste, nahm er es in Kauf den beschwerlichen Weg durch das Nebelgebirge zu nehmen. Ithmir hoffte das Wetter sei noch nicht allzuschlecht, denn eigentlich ist um die Zeit das Gebirge noch begehbar. Doch dichte Nebelschwaden umschlungen die düsteren Spitzen die sich am Horizont bildeten. Schnee nahm er nur an den obersten Spitzen war und umso länger er über die Notwendigkeit des Rittes nachdachte umso mehr erschien ihm dieser Weg als der Richtige.

                        Derweil in Minas Tirith in Denethors Palast
                        Mein Minister Grem, sagen sie mir, mir kam eine Nachricht zu Ohren dass Boromir vor 2 Sonnen in Bruchtal angekommen ist. Jedoch habe ich mich entschlossen ihn nach Gondor zurückzuholen. Ein Schatten wächst im Osten. Es hieße zwar man habe die Waffe des Feindes gefunden, jedoch bezweifle ich ihre Wichtigkeit. Wie schnell meint ihr kann ich Boromir wieder in Minas Tirith erwarten?
                        Der Thronsaal bebte etwas jedoch war dies ein umwobenes Echo. Der Minister antwortete Herr ihr habt doch erst als diese Nachricht eintraf Ithmir geschickt um ihm Befehle zu überbringen. Vermutlich ist Ithmir an Rohan vorbei im Lande der Pferdeherren, jedoch keinesfalls in Bruchtal, das wäre zu schnell....
                        Wieder ergriff Denethor das Wort. Unterschätzt die Herolde Gondors nicht...für mich und Boromir würde selbst ein mit Krankheit geschlagener Ithmir das Pferd eher auf dem Rücken tragen als zu rasten!...

                        Die sagenumwobene Stadt unter dem weißen Turm und ihre Halle die an die Numenorer erinnert, strahlten einst Glanz und Pracht aus, doch in jenen Tagen schien sie etwas blaß. Die Menschen spürten Furcht...vor etwas Unbekanntem. Die Fahnen hingen etwas schief, der Wind jauchzte mehr den je um diese Zeit...es war eine Zeit der Sorge...

                        eine Sorge die auch Ithmir plagte. Er hatte seit zwei Tagen nichts gegessen...seine Trinkflasche war auch leer, denn er ritt nicht mehr in der Nähe des Anduin. Am Abend als die Sonne die Bergspitzen küsste, erreichte Ithmir die Gewaltigen Gesteinsmassen des Nebelgebirges und vor ihm lag der Hohe Pass. Er sah ein paar grimmig dreinschauende Händler, welche sich von dem Pfad abwandten und ihm einen noch grimmigeren Blick entgegenwarfen, jedoch sah er die Hoffnung in Ihnen...doch die sah er in jedem Blick der auf ihn gerichtet war. Er war ein Kind der Stadt Minas Tirith, er war in Pracht gehüllt, wirkte wie ein Mächtiger Krieger, der Mantel, seine Siegel und Depechen, sein Elbenschwert und seine Ausstrahlung erinnerten an das einst strahlende Nummenor. Ithmir wusste das ihm dieses Schicksal, dieses Tagewerk, dieser Beruf, wohl in die Wiege gelegt wurde, denn selbst etwas beschmutzt und müde von der Reise musste er auf die einfachen Händler wirken wie einst einer der großen Könige....doch er wusste dass er im Inneren ein Paradoxon seiner selbst war. Innerlich zerfraß ihn langsam seine Krankheit...es war ihm bewusst dass er vermutlich kein hohes Alter erreichen würde. Er hatte im Schwertkampf gutes Geschick und viel Kraft, doch er wusste dass ihn die Truppen Gondors nicht deswegen achten. Schon oft hatte er ihre erstaunten Blicke gesehen, als könnten sie nicht Glauben das ein Herold auf so einem Niveau kämpfen konnte. Doch spätestens als er keuchend nach einigen Minuten mit seinem Körper rang und die Leute ihn trotzdem noch bewunderten wusste er, es war etwas anderes was die Leute in ihm sahen.

                        Die Sonne warf ihre letzten Schatten auf die Stumpen der letzten Bäume und das Gras war braun und wich dem Stein als Ithmir notgedrunen sein Lager aufschlagen musste. Der Ritt hatte ihn ermüdet und er musste rasten, denn er wollte nicht in der Nacht auf steinigem Fels und womöglich im Nebel und im Unwetter reiten.
                        er machte ein Feuer als die ersten Kristalle den Fels berührten. Es war klarer Schnee...so klar das Ithmir durch die schimmernden, glänzenden Prägungen in ihnen einen kräftigen und sowohl den letzten Schluck aus der Feldflasche nahm und sich einrollte, bereit für den nächsten Tag...
                        Zuletzt geändert von Faramir-souldrive; 10.08.2010, 18:46.

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                        • #13
                          AW: Kapitel 4 - Das Unheil trägt einen Namen

                          Hastig verließ Lorgan das Haus des Stadtverwalters und hielt inne. Der verdammte Stadtverwalter, ein seniler alter Kauz, hatte ihm nicht weiterhelfen können, kannte nichteinmal den Namen seines alten Gefährten, selbst dann nicht als Lorgan (der vermutete, der Kauz würde ihm nur nicht helfen wollen) etwas unsanfter wurde. Nun musste er sich auf anderem Wege die Informationen beschaffen, die er brauchte. Während um ihn herum die Menschen ihrem Tagewerk nachgingen hielt er kurz inne um sich zu beruhigen. Schließlich wusste er, was er zu tun hatte. Und es gefiel ihm nicht.

                          "Zeit ein paar Gefallen einzufordern" dachte Lorgan grimmig und suchte sich einen Ort an dem er sein Pferd anbinden konnte. Er schlängelte sich, sein Pferd am Zügel führend, durch die Menschenmenge und suchte die Umgebung nach einer nahegelegenen Unterbringungsmöglichkeit ab. Schließlich fand er eine geeignete Stallung am Ende der der Straße und führte sein Pferd zielstrebig dorthin. Als er eintreten wollte, trat ihm bereits ein junger Bursche entgegen: "Verzeihung der Herr, aber hier 'is schon alles voll!"

                          Einen bestochenen Stalljungen später begab er sich tiefer in die Stadt hinein und bog schließlich scharf um die Kurve, in eine der kleineren und unscheinbareren Gassen. Von dort aus folgte er seiner Intuition bis er tief in das Netz aus Nebengassen, die sich wie ein Kaninchenbau durch Edoras fortsetzten, eingedrungen war. Von Schitt zu Schritt wurde es stiller um ihn, bis er den Lärm der großen Straßen nur noch schemenhaft wahrnehmen konnte. Lorgan verlangsamte nun seinen Schritt und sah sich während er die Gassen weiter entlangschritt ganz genau um. Die Wände und der Boden um ihn herum waren voll Schmutz, Müll und vereinzelt auch Blut.
                          "Genau so wie ich es in Erinnerung habe" dachte Lorgan mit einem bitteren Lächeln auf den Lippen.
                          Als er eine weitere Biegung machte, erschien plötzlich eine Gestalt vor ihm. Alarmiert legte Lorgan eine Hand an den Schwertgriff und sondierte die Umgebung mitsamt dem potentiellen Angreifer. Noch sah es so aus, als wäre die Person allein.
                          Es war ein Mann, nicht besonders groß aber gedrungen, einigermaßen muskulös, gehüllt in die Fetzen eines Bettlers. Aber war es auch einer?
                          Langsam aber zielstrebig bewegte der Mann sich auf Lorgan zu und sein Blick verriet dem erfahrenen Söldner seine Intention. Noch bevor er sein verstecktes Messer in der von Stofffetzen umhüllten Hand auflblitzen lassen konnte, machte Lorgan einen Satz nach vorne und rammte ihm den Schwertknauf in die Magengrube. Schmerzverzerrt beuge sich der Räuber vornüber und Lorgan ließ das Gesicht seines Gegenübers Bekanntschaft mit seinem Knie machen.
                          "Versucht es in ein paar Jahren nochmal, wenn ich alt und trübe im Geist geworden bin" spottete der Söldner während er den Bewusstlosen seiner Waffe und seines Goldes entledigte. Doch in Gedanken ermahnte er sich selbst zur Vorsicht: "Hier könnten noch mehr von der Sorte lauern, sei auf der Hut alter Junge."
                          Behutsam setzte er seinen Weg fort und folge der Gasse bis zum Ende, entschloss sich bei der vor ihm liegenden Weggabelung nach links zu gehen und daraufhin nach rechts.

                          Schließlich war er am Ziel: Eine kleine Nische, ganz unauffällig, die eine Treppe nach unten beherbergte. Vorsichtig begann er, ihr nach unten zu folgen bis er an eine massive Holztüre gelangte. Lorgan brauchte kurz, um sich an das korrekte Klopfzeichen zu erinnern und konnte nur hoffen dass es sich um das richtige handelte um ihm Einlass in die versteckte Spelunke zu verschaffen. Er wusste dass er dort fündig werden würde, denn dort hatten er und Kamir ihre erste unsanfte Begegnung. Der Söldner hob die rechte Hand und setzte zum Klopfen an, als die Türe plötzlich aufschwang.
                          Lorgan musste einen Satz nach hinten machen um nicht von ihr erfasst zu werden und blickte durch den Türrahmen in die Augen des übergewichtigen, ungepflegten Türwächters, der ihn kommen gehört haben musste.
                          "Was wollt ihr?!" grunzte dieser, den Grauhaarigen musternd.
                          "Ich suche Kamir" erwiderte Lorgan trocken "Lasst mich ein."
                          "Und wer bist du, dass ich dich reinlassen sollte?!" schnauzte der Dicke
                          "Ein alter Bekannter." raunte Lorgan, drückte ihm ein paar Goldstücke in die Hand und schob ihn mit einem drohenden Blick zur Seite.
                          Der Dicke blickte zwar empört, besann sich aber seiner Goldstücke und schloss die Türe hinter dem eingetretenen Söldner.

                          In seinem Brief hatte Kamir etwas von einem großartigen Geschäft erwähnt.
                          Es kostete Lorgan nur ein paar eingeforderte Gefallen und natürlich Goldmünzen um von ein paar alten Bekannten zu erfahren worum es sich gehandelt hatte.
                          "Kamir hat zu vielen Leuten von dem Geschäft erzählt. Aber der Bursche ist schließlich schon immer ein Prahlhans gewesen...
                          Hoffentlich hat es ihn diesmal nicht seinen Kopf gekostet" hoffte Lorgan in Gedanken, während er die Spelunke wieder verließ.

                          Sein nächstes Reiseziel war Drahnost. Doch zunächst musste er sich um eine ehemalige Wirtin kümmern.
                          Zuletzt geändert von Nefarius; 12.08.2010, 19:04.
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                          • #14
                            AW: Kapitel 4 - Das Unheil trägt einen Namen

                            Bis zu diesem Zeitpunkt hatte er keinen einzigen Gedanken an Sarah verschwendet. „Gewiss hat sie mittlerweile meine Abwesenheit bemerkt.“, stellte er fest. Doch kaum kam ihm die Sorge um das temperamentvolle Weib, die er in der Herberge im Vorort von Edoras zurückgelassen hatte in den Sinn, glaubte er ihre Stimme zu vernehmen. Waren die entfernt klingenden Laute nur ein Produkt seiner Einbildung, oder hatte er tatsächlich ihr Rufen – nein es war vielmehr ein Kreischen – gehört? Zunächst dachte er sich nichts dabei und wollte der Sache auch nicht weiter nachgehen, doch als er die verwinkelten Gassen in Richtung Hauptstraße zurückging, hallte erneut ein diesmal lauteres Plärren durch die engen Passagen und wurde schließlich von den bröckelnden Häuserfassaden verschluckt. Spätestens als er an der Stelle vorbeikam, an der er den Taschendieb niedergestreckt hatte und er anstatt eines bewusstlosen Körpers einige Kleiderfetzen liegen sah, wich jeglicher Zweifel. „Ich hätte es mir denken können. Sarah hielt es vor lauter Neugier nicht aus und ist mir zweifellos hinterhergeschlichen. Ein zweites Mal.“, überlegte Lorgan, nachdem er rasch die Situation erfasste. „Der Gauner muss in der Zwischenzeit sein Bewusstsein wiedererlangt haben und in der schönen Wirtin ein willkommenes Opfer gesehen zu haben.“ Das gefährliche Szenario begann sich vor seinem inneren Auge abzuspielen: Sarah versuchte, furchtlos und kühn, wie sie nunmal ist, der drohenden Gefahr zu trotzen, unterschätzte jedoch die heikle Lage, in der sie sich befand. Ohne zu zögern zückte der Lump sein Messer – dieses Mal seine Beute sicher wissend – und bedrohte sein Opfer. Nach einem kurzen Gerangel wollte er sie an ihrem Kleid ruckartig an sich heranziehen und hatte es dabei zerrissen. Inzwischen Gefallen an der jungen Wirtin findend, entschloss sich der Gauner kurzerhand, sie zu seinem Unterschlupf zu entführen, nachdem er sie mit einer kräftigen Umklammerung beinahe bewegungsunfähig gemacht hatte. Fest in dieser unüberwindbaren Umklammerung, blieb der Entführten nichts anderes übrig, als laut nach Hilfe zu schreien.
                            Da machte sich unbändige Wut in dem erfahrenen Söldner breit. Wut auf Sarah, die ihre Nase stets in fremde Angelegenheiten stecken musste, Wut auf den Entführer, der unschuldigen Menschen das Leben zur Qual macht und zu guter Letzt galt sein Zorn ihm selbst, weil er die Schöne in gewisser Weise in diese Lage gebracht hatte. Schließlich hätte Lorgan sie einfach ihrem Schicksal überlassen können, doch aus einem ihm unerklärlichen Grund fühlte er sich für sie verantwortlich. Und da waren auch noch diese unzuordenbaren Gefühle, die er in den letzten Tagen für die entwickelt hatte. All diese Emotionen und Gedanken waren Ursache für die plötzliche Beschleunigung seiner Schritte, bis er zuletzt zu laufen begann.
                            An einer Weggabelung konnte er endlich – wenn auch nur für einen kurzen Moment – zwei Gestalten um die nächste Häuserecke Ecke biegen sehen, doch seine lautstarken Schritte müssen ihn verraten haben. Nun hatte er die traurige Gewissheit, dass seine Vermutungen richtig waren.

                            Endlich an der Hauptstraße angekommen, hielt Lorgan kurz inne und schaute sich hastig in alle Richtungen um, während er keuchend nach Atem rang. „Du solltest wieder dein regelmäßiges Training aufnehmen, um die frühere Ausdauer wiederzuerlangen, alter Junge.“, stellte er von sich enttäuscht fest, bevor er geschwind sein Pferd losmachte und sich auf dessen Rücken schwang. Er hatte nämlich entdeckt, dass eine Schneise durch die Menschenmassen getrieben worden war, die auf eine rasante Flucht hindeutete. Sogleich nahm er die Zügel in die Hand, spornte sein Ross an und führte es durch den sich stetig verengenden Durchgang. Einige unaufmerksamen Bürger wurden von ihnen erfasst und zur Seite, oder zu Boden geschleudert, doch für Mitgefühl war nun keine Zeit, denn er durfte nicht den Anschluss verlieren. Sobald sich die Menschenmenge zu lichten begann und das dicht besiedelte Stadtzentrum den ländlichen Vororten gewichen war, erkannte er aus der Ferne das lumpige Gewand des Taschendiebes, der zu Pferd gen Norden ritt.

                            Während der Verfolger seine Geschwindigkeit erhöhte, überlegte er, was wohl mit Sarah geschehen war, da er sie nicht auf Anhieb erkannt hatte. War er die ganze Zeit der falschen Person hinterhergejagt? Hatte ihm der Zorn seinen Instinkt getrübt? Kurzzeitig hatte er tatsächlich an seinen Fähigkeiten gezweifelt, doch als er ein wenig aufholte, entdeckte er eine Gestalt, die wie ein Sack voll Getreide quer über den Rücken des Gaules lag. Wobei in diesem Fall eher ein unbequemes Auf- und Abwippen ihres Hauptes und ihrer Beine im Rhythmus des zügigen Galopps, eher zugetroffen hätte. „Er muss sie betäubt haben, ansonsten wäre das Weib schon längst abgesprungen, oder hätte sich auf irgendeine andere Art und Weise zur Wehr gesetzt.“, beurteilte er den sich ihm darbietenden Anblick. Doch gerade, als er sein Ross zur Erhöhung der Geschwindigkeit antreiben wollte, machten sich die Strapazen des tagelangen Rittes von Gondor bis nach Rohan unter der Last zweier Menschen an ihm bemerkbar. Zum Bedauern Lorgans, wurde nämlich aus dem rasanten Galopp ein gemächlicher Trab, bis sie zuletzt ganz zum Stillstand gekommen waren. So sehr sich Lorgan auch über die unfreiwillige Unterbrechung der Verfolgung ärgerte, blieb ihm nichts anderes übrig, als den Gauner vorerst mit dem wertvollen Diebesgut, nämlich der schönen Sarah, ziehen zu lassen.

                            Die Dunkelheit brach inzwischen über das Tal herein, doch Lorgan hat den Flüchtling, der die Wirtin in seiner Gewalt hatte, immer noch nicht einholen können. Nachdem er seinem Pferd die allernötigste Rast gewährt hatte und sowohl dessen, als auch sein eigener Durst an einem nahegelegenen Bach gelöscht werden konnten, wurde die Fährte wiederaufgenommen. Mehrere Stunden waren sie in hohem Tempo geritten, doch er konnte noch immer keinen Sichtkontakt herstellen. Er hatte sich schon beinahe mit Sarahs unabwendbarem Schicksal abgefunden, doch da erspähte er ein schwaches Leuchten in der Ferne. Neue Hoffnung schöpfend, ritt er darauf zu, bis er zuletzt an einer der Lichtquelle angekommen war. Es waren die Überreste einer kleinen, aus wenigen Häusern und Ställen bestehenden Siedlung, die wahrscheinlich im Zuge eines Raubzuges entflammt worden war. An einigen Stellen loderte sogar noch die vom Stroh und Wind genährte Glut, während noch die letzten Häuserfassaden unter tobendem Lärm, einstürzten. Es war ein trauriges Bild, das sich ihm darbot und als er an den von pechschwarzem Schwefel überzogenen Ruinen vorbeischritt, stieg ihm der beißende Qualm in die Nase. Doch das Schlimmste lag noch vor ihm, denn als er sich einem den Gebäudetrümmern näherte, erkannte er einen großen Aschehaufen, aus dem einige Schmuckgegenstände herausblitzten. „Dem bedauerlichen Anschein nach, wurden die Dorfbewohner in dieses Gebäude eingesperrt und unbarmherzig in den Feuertod geschickt. Muss ein schrecklicher Tod gewesen sein.“, schlussfolgerte der von der von der Verfolgungsjagd erschöpfte Söldner.
                            Er wollte auch schon wieder aufbrechen, um trotz der Finsternis nach neuen Spuren des flüchtigen Gauners Ausschau zu halten. Doch da vernahm er unerwartet ein Geräusch, dessen Richtung er genau ausmachen konnte. Sofort zückte er sein Schwert schritt der Quelle entgegen. Aus einer umgestoßenen Tränke kroch eine schmächtige Gestalt hervor, die sich zunächst bei dem Anblick Lorgans und seiner langen Klinge wieder in dessen Versteck zurückgezogen hatte. Der angespannte Söldner war sich nicht sicher, aber wenn er seinen alternden Augen und dem flüchtigen Blick, den er bei diesen ungünstigen Lichtverhältnissen auf die Person geworfen hatte, vertrauen konnte, kam abermals die Wut in ihm hoch.

                            Mit einem kräftigen Tritt stieß er die Tränke zur Seite und packte den Mann forsch am Kragen. „Sprich, Abschaum! Ein zweites Mal werde ich dich nicht verschonen!“ Allein die bebende Stimme, unterstützt von den entschlossenen Augen Lorgans, brachten sein Gegenüber zum schaudern. Es handelte sich in der Tat um den Gauner aus Edoras, Sarahs Entführer. „Was ist mit dem Weib geschehen und was hat sich hier zugetragen?“ Zunächst verließen nur stotternde Laute den Mund des vor Angst zitternden Mannes, doch dann schaffte er es, sich einigermaßen zusammenzureißen, sodass er doch in ganzen Sätzen sprechen konnte: „Herr, habt doch Gnade mit einem einfachen Mann, wie mich. Ich wusste nicht, dass es Euer Weib ist.“ Lorgans Griff ließ nicht locker. „Ich wollte sie dem Dorfältesten zum Geschenk machen, um auf diese Weise meine Schulden bei ihm zu begleichen. Doch plötzlich wurden wir von diesen unmenschlichen Kreaturen angegriffen.“ „Waren es Orks?“, hackte der Krieger ungeduldig nach. „Nein Herr. Sowas habe ich zuvor noch nie gesehen, Sie waren größer und von kräftigerer Statur. Außerdem waren ihre Schwertspitzen gekrümmt. Sie kamen plötzlich aus südöstlicher Richtung, legten hier alles in Schutt und Asche, bevor sie weiter nach Norden zogen. Auch die restlichen Dorfbewohner wurden nicht vor ihrer Grausamkeit verschont.“
                            Für einen Moment überlegte der misstrauische Söldner, ob er dem Geschwafel dieses unwürdigen Mannes glauben konnte. Doch er hatte bereits von diesen neuartigen Geschöpfen gehört, die an den Grenzen Isengarts ihr Unwesen treiben sollen. Uruk Hai werden diese Kreaturen genannt, deren Ursprung niemand zu kennen vermag. Doch von seinen Söldnerkameraden hörte er immer wieder von solchen Patrouillen zwischen dem Fangorn und Düsterwald. „Sollten sich diese Schauermärchen tatsächlich bewahrheiten?“, fragte er sich und erkundigte sich schließlich nach Sarah. „Nachdem das Weib einem dieser Untiere das Schwert entrissen und es mit voller Wucht in dessen Wanst gestoßen hatte, nahmen sie es mit sich.“
                            Lorgan war zwar nicht erfreut über diese Nachrichten, aber immerhin war Sarah noch am Leben. Vorerst. Doch er wusste, dass sich das in jedem Augenblick ändern konnte und nur der Gedanke daran, was diese Kreaturen der Schattenwelt mit ihr anstellen, brachten sein Blut zum kochen. Da half all das Winseln und Betteln des elenden Feiglings nicht weiter, denn Lorgan gelüstete es nach Vergeltung. Und genau diese Rachegelüste übernahmen die Kontrolle über seine Rechte, die das Schwert bis zur Parierstange in den Bauch des Gauners stoßen ließ, sodass dessen Körper blutend und leblos zu Boden sackte. Weder Mitleid, noch Reue plagten das Gemüt des Söldners, denn er hatte seiner Meinung nach den ehrlosen Tod verdient.
                            Das sollte jedoch nicht das letzte Blutvergießen in dieser Angelegenheit sein, den Lorgan war fest entschlossen dem Trupp gen Norden zu folgen. Er wusste zwar, dass er der großen Anzahl der unbekannten Rasse – anhand der vielen Spuren im feuchten Erdboden schätzte er ihre Truppenstärke auf ungefähr ein Dutzend – unterlegen war, doch hoffte er auf seine Erfahrung und sein Einfallsreichtum, mit deren Hilfe er in den vergangenen Tagen bereits oft genug die aussichtslosesten Situationen gemeistert hatte. Bevor er aber aufbrach, musste er sowohl seinen Hunger stillen, als auch ein wenig Schlaf nachholen.
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                            • #15
                              Re: Kapitel 4 - Das Unheil trägt einen Namen

                              Ein eisiger Wind zog um Ithmir als er aufwachte. Er blickte umher und sah überall den Grauen Stein bedeckt vom seichten Schnee des aufkommendes Sturmes. Seine Laune sank sofort als er sah dass das Nebelgebirge seit dem gestrigen Tag noch mehr in Nebel und Schnee versunken war.

                              Was ist das Wetter nur aufbäumend gegen jene die es brauchen. Des Wetters wegen sollte die Depeche wohl erst am nächsten Vollmond Bruchtal erreichen, doch .. Ithmir hörte schlagartig mit dem Denken auf, warf den schwarzen Sattel auf sein Braunes Roß und stieß laut aus "..doch beim Blute der Numenorer ich werde hier nicht schon alles in den Schnee werfen und aufgeben!"
                              Er befestigte das Banner des weißen Baumes fest am Pferd, schnallte die silbrig schimmernde Elbenklinge am Gürtelband fest und ritt nun steil auf den Hohen Pass. Schon nach den ersten Stunden gab es keine Bäume mehr, der Stein wurde zu großen Felsen und nur ein verschneiter Trampelpfad wieß den sicheren Weg in die Höhe. Es zeigte dem berittenen Boten das er nicht alleine den Pfad benutzte. Es gab einige Fußspuren im Schnee und auch die von Maultieren. Der Fakt, dass berittene Krieger, marodierende Söldner oder streunende Orks mit Maultieren weniger in Verbindung zu bringen sind, erinnerte den Diplomaten an die Händler die er am vorhergehenden Tag sah.
                              Sie mussten wohl an dem Punkte beschlossen haben umzudrehen.

                              Doch er ritt weiter, beständig, der Trab des Pferdes zielgerichtet in der schmalen Serpentine, welche zu beiden Seiten schon steiler anlief, da sie durch die Jahre immer mehr ausgetreten wurde. Ithmir lies seine Erinnerungen zurückschweifen, mehrere Jahre, als die Blütezeit Gondors noch existierte, als man dort noch keine schwarzen Schatten aus dem Osten aufziehen sah. Als das Leben ausserhalb Osgiliaths noch so sicher war wie eine Wanderung durch die Strände Anfallas. Es war die Zeit als man noch regelmäßig Patrouillen in die verlassene Stadt Minas Arnor versendete um den Kreaturen der Wildnis nicht solch eine Festung zu überlassen.

                              Ein tiefer Schnitt ins Gesicht war das erste was er von der aufkommenden Kälte spürte. Er musste das Pferd an manchen Stellen ohne Last traben lassen, denn der Schnee war schon mehrere dutzend Zentimeter hoch. Der Himmel war stark benebelt, der morgendliche Tau wollte nicht weichen und ihn plagten Hunger und Durst. Plötzlich, wie aus dem Nichts hörte er Stimmen durch die Steinpfeiler und Ausprägungen pfeifen. Das eine, wohl eher eine weibliche, die andere Stimme konnte er schwer einordnen. Jedoch schienen die Stimmen von noch weiter oben zu kommen. Auf jeden Fall wusste Ithmir, das dies keine Stimmen von Orks oder irgendwelchen Kreaturen waren. Irgendjemand ob Gut oder Böse musste dort vor ihm sein, entweder ihm entgegen kommend oder von ihm weglaufend.

                              "Das Knollengewächs von dem ich spreche findet man dort wo der Schnee nicht so hoch ist...es wächst an der Ostseite der Felsen, allerdings nur dort wo die Sonne nicht zu lang aber auch nicht zu kurz am Tage scheint." rief Aria gegen den Wind. Eomolch drehte den Kopf zu ihr und verstand gerade so was sie ihm zurief. Der Sturm hatte wohl nachgelassen, allerdings brauchte man hier keinen großen Wind um Stimmen zu verzerren und wo ganz anderst hin zu tragen. Dem Gehör nach hätte Aria hinter ihm als auch auf der anderen Seite der kleinen Schlucht ihm gegenüber stehen können, er vermochte es schwer zu beurteilen. "Was heißt da Nicht zu lang aber auch nicht zu kurz? Siehst du denn irgendwo Sonne?....Schnee Schnee überall Schnee"..erwiderte Eomolch immernoch auf den Boden starrend.

                              Ithmir warf einen kurzen Blick auf den Pfad. Vor ihm lichtete sich die Schneedecke ein wenig, nur um weiter oben wohl auf der höchsten Ebene des Pfades wieder stark zuzunehmen. Also beschloss er wieder aufzusteigen, falls es Menschen waren oder Elben die er gehört hatte, so wollte er sie zu Pferde vielleicht schneller erblicken, oder auch falls Unholde, sich selbst etwas mächtiger und unantastbarer wirken lassen, anstatt mit den Füßen im Schnee versunken die Kampfposition suchend. Den Pfad konnte er mit dem Pferd nicht verlassen also blieb ihm nichts anderes übrig als wohl oder übel die Quelle der Stimmen zu lokalisieren und ihre Gesinnung ihm gegenüber zu prüfen.
                              So ragte er auf seinem Pferd in die Höhe, das Banner nicht mehr blau weiß, sondern nur noch weiß vom Schnee, ragte noch über ihn hinaus. Er lockerte sein Schwert in der Scheide, es funkelte noch immer, so als wäre es immer trocken bis die Tage dieser Erde gezählt und es ein Elb mit auf das alte Land, das Ewige mitnehmen würde.
                              Ithmir, prüfte ob der Helm, mit dem kleinen prächtigen Bausch gut saß und ob er alle Depechen, Siegel, Ausweise und Beutel noch bei sich hatte. Erst dann zurrte er alles noch einmal fest, setzte einen festen aber dennoch durchdringenden Blick in den Nebel und rief mit beherzter Stimme in den Wind "Stimmen im Wind, die ihr euch erhebt, des Wetters ihr trotzt wie ich, wenn ihr mich versteht gebt mir euren Gruß zuwider. Er ließ eine kleine Pause verstreichen. Ithmir hoffte jemand würde antworten und er konnte zumindest aufhören wild durch den Nebel zu starren, die Gefahr suchend. Wenige Sekunden später erhob er erneut die mächtige aber dennoch ruhige Stimme und es ertönte wieder "Der Wind in diesen Gefilden hat euch bereits Preisgegeben oh Wanderer, ob Mensch oder Elb, lasst euch sagen, ich reite unter dem Banner meines Volkes für die Menschen. Gebt euch zu erkennen oder gebt Antwort"....wieder ertönte nichts als der Wind. Doch just in diesem Moment vergrößerte eine enorme Windböhe das Sichtfeld Ithmirs etwas und das Banner auf welchem gezeichnet der weiße baum von Minas Tirith ist, wurde vom Schnee freigelegt. Insgeheim hoffte Ithmir, er würde auf einen eingeschneiten Trupp Infanteristen, Späher oder Waldläufer aus Gondor treffen, und suchte mit den Fingern das Heroldssiegel Boromirs heraus, welches unter den Truppen geschätzt wurde. Als er fast die Hoffnung auf eine Antwort fahren ließ, vernahm er plötzlich laut und deutlich eine weiche aber ebenfalls durchdringende Stimme.....
                              Zuletzt geändert von Faramir-souldrive; 13.08.2010, 18:49.

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