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Im Jahr 1 V.Z. - Mittsommertag - Der Auftrag und wie es anfing...

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  • Im Jahr 1 V.Z. - Mittsommertag - Der Auftrag und wie es anfing...

    Gondor – Frühsommer des Jahres 1 V.Z.

    … das Jahr des Neubeginns für viele, das Jahr des Aufbaus, aber auch: ein Jahr, das von jedem einzelnen alle Kraft fordert, um dem kommenden Winter entgegen zu sehen. Viele Männer sind gefallen und fehlen bei der Landbestellung. Die übrigen ringen mit ihrem Pflichtgefühl, besonders den Schutz der Schwachen unter ihnen, der Frauen und Kinder, zu gewährleisten – und den notwendigen Arbeiten an Haus, Hof, Feld und Vieh.

    Ein Land in Schutt und Asche – sollte man meinen…
    Die Jahre der Furcht und des Bösen hatten ihre Spuren hinterlassen. Nicht zuletzt jenes letzte Aufbäumen der dunklen Mächte in den Gefilden der Menschen, das diesen noch beinahe zum Verhängnis geworden wäre. Es war noch immer klar und deutlich zu sehen, ebenso zu hören und zu spüren, wenn man sich umsah. Noch immer war die Trauer allgegenwärtig.

    Doch da war auch noch etwas anderes. Und wenn man genau hinsah, dann konnte man verstehen, warum in den Zügen des Herrschers und rechtmäßigen Königs dieses Landes dennoch Zufriedenheit zu finden war, wenn er sein Volk beobachtete, ihnen Mut zusprach oder gar seine eigenen Soldaten tatkräftig mit anpacken ließ.
    Die Hoffnung war nie wirklich erloschen gewesen in den Herzen dieser Menschen. Sie hatten die Schwelle der Dunkelheit gemeinsam mit ihm überschritten, abgeschüttelt und hinter sich gelassen und nun brachte jeder einzelne Tag des inzwischen schon reifenden Jahres sie gemeinsam einen Schritt weiter durch die Dämmerung ins Licht zurück! Der König war stolz auf sein Volk!
    Und sein Volk sah stolz zu ihm auf und fand in ihm die Stärke, die ihnen half, die Trauer hinter sich zu lassen und das Neue als Chance zu begreifen …

    Doch der König, auch wenn er es sich nicht anmerken ließ, sorgte sich…
    Noch längst war das Land nicht wirklich sicher. Vielleicht hier in der Nähe der Stadt, vielleicht auch in der Umgebung der anderen großen Städte – Pelargir, Edhellond, Dol Amroth… Aber nicht in den Außenregionen auf dem Land – nicht in den Bereichen Nord- und Südithiliens, entlang des Poros und entlang der südlichen Küstenregionen.
    Die Bestellung der Felder und die Aussaat im Frühjahr waren von seinen Soldaten und von beherzten freiwilligen Wächtern der jeweiligen Regionen streng überwacht worden. Dennoch war es zu Übergriffen gekommen.
    Sorge stand in den Gesichtern der Bauern, nun, da in wenigen Wochen die Ernte bevorstand und die Bedenken, durch die alljährlichen Unwetter schon Teile der Ernte gefährdet zu sehen, wurde noch verstärkt von der Furcht von Überfällen durch umherstreifende, noch immer marodierende, größere und kleine Trupps versprengter dunkler Gestalten. Die Ernte war gefährdet! …und damit das Überleben seines Volkes über den Winter!

    Dem musste Einhalt geboten werden. Seine Soldaten reichten jedoch an Zahl nicht aus, um gleichzeitig den Schutz der Bauern und Feldarbeiter zu gewährleisten und noch zusätzlich durch die Wälder zu streifen, um das Gesindel zu jagen.
    Hilfe musste her! Doch woher nehmen?
    Die getreuen Rohirrim hatten mit dem eigenen Aufbau genug zu tun und hatten sich dennoch bereit erklärt, auch Anorien zu unterstützen und zu sichern. Mehr konnte und durfte man nicht verlangen.
    Imrahil, der Herr von DolAmroth patrouillierte an den Küsten und war beständig in Scharmützel mit marodierenden Korsaren verwickelt, ebenso wie er bestrebt war, die Fischer und ihre Fänge vor ihnen zu beschützen. Gleichzeitig fehlte jeder Mann, den er zum Schutz der Bauern bestellen musste, bei der Feldarbeit ebenso wie beim Wiederaufbau der Scheunen, die für die Lagerung der Ernte zwingend notwendig waren, damit sie nicht schon vor dem Winter verdarb.

    Doch als Elessar an diesem Morgen in die Sonne trat, blickte er zufrieden auf das, was er sah – die leichte Unruhe in seinem Inneren ließ er sich nicht anmerken. Dennoch hatte er Zweifel. Hatte je ein König dieser Welt ein solches Unterfangen gestartet?
    Er hatte Boten in alle Winkel der freien Länder geschickt, damit sie sich alle, die bereit waren, die Herausforderung anzunehmen, bis zu diesem Tage hier einfinden sollten. Es war der Mittsommertag - …und sie waren gekommen!
    Bereits am Abend zuvor hatte sein Adjutant ihm die Liste vorgelegt – weit über hundert Mann! Eine skurrile Auswahl Kämpfer sah er nun vor sich versammelt, sah zu ihnen hinunter von den Stufen vor dem Eingang der großen Halle und nickte – sie waren gekommen und sie waren bereit, ihre Haut und alles was sich darauf und darunter befand in die Wälder zu tragen um dort in seinem Namen Orks zu jagen - und alles was sich sonst noch an dunklen Wesen dort herum trieb.

    Eine Armee sah anders aus – aber dennoch war dies ohne Zweifel das Beste, was zu bekommen war – skrupellose Kerle, die bereit waren für ihn – für das Volk und die Sicherheit Gondors – zu töten!´
    …es war ein unangenehmer Stich, den er in diesem Moment in seinem Inneren fühlte – war es doch noch nicht allzu lange her, dass er sich mit Inbrunst selbst in ihre Mitte gestellt hätte, um die Herausforderung anzunehmen! – selbstverständlich wusste er, dass es einen deutlichen Unterschied gab . Doch Elessar hatte längst begriffen, was allein Menschen dieses Schlages antrieb – Geld! …doch daran sollte es nicht scheitern! Geld für Sicherheit – Sicherheit für Getreide – Getreide für Brot – Brot gegen Hunger!

    Die Sicherheit in der Stadt hatte er für die Zeit dieser Versammlung verstärken lassen – niemand sollte sich fürchten oder gar gefährdet sein – er kannte diesen Schlag Menschen zu gut. Der Schutz der Bürger hatte absoluten Vorrang. Die Kontrollen waren verschärft worden.
    Und nun standen sie hier, einer wieder andere… und er selbst stand hier oben… um zu ihnen zu sprechen…

  • #2
    AW: Im Jahr 1 V.Z. - Mittsommertag - Der Auftrag und wie es anfing...

    Nica:

    Nica kniff die Augen ein wenig zusammen, als sich die Tore der Halle nach außen zu ihnen öffneten und mehrere Gestalten heraus traten – endlich…! Eben war die frühe Sonne hinter einer Wolke hervorgetreten und beschien den Hof und die weißen Mauern so hell, dass das plötzliche Licht blendete.
    Wird auch Zeit“, murmelte er in sich selbst hinein. Er hatte die Nacht in einem der Gasthäuser der Stadt verbracht. Ein Baum oder Buschwerk in der Nähe der Stadt unter freiem Himmel hätte es auch getan. Doch das Wegelagern in der Nähe der Stadt war untersagt worden. …und die Bauern waren misstrauisch gegenüber diesen Fremden gewesen. …kein Wunder, wenn er sich jetzt hier umsah. Es schien der eben gerade noch geduldete Abschaum Mittelerdes zu sein, der hier versammelt war – ihn eingeschlossen. …und wer bot so einem schon gerne Unterschlupf?

    Die Gasthäuser schienen dazu jedoch angewiesen worden zu sein und tatsächlich hatte man kaum ein ehrlich zu nennendes Gesicht an diesem Morgen in der Stube sehen können, einmal abgesehen vom Wirt selbst und seinen Gehilfen, dem jedoch anzumerken gewesen war, dass es ihm lieber war, sie eher früher als später wieder los zu sein.
    Nica hatte sein Bett und seine Zeche ordentlich bezahlt und sich pünktlich am Tor zum siebten Ring gemeldet, von wo aus er mit einigen anderen zusammen bis in diesen Hof geleitet worden war. …man hatte sie warten lassen. Und manch einer war bereits ungeduldig geworden.

    Er selbst hatte sich umgesehen, beobachtet und taxiert. Die weißen Mauern hier oben waren nicht allzu hoch – der Berg gebot Schutz genug. Aber sie gewährten einen atemberaubenden Blick in das Umland hinaus. Der Wind strich beständig. Die Sonne tauchte sie ab und an in einen über die Maße hellen, silbernen Glanz, wenn sie das weiß der Mauern reflektierte. …so auch jetzt. Die imposanten Wächter mit ihren geflügelten Helmen am Brunnen schien das nicht zu bewegen. …überhaupt schienen diese kaum zu atmen. Was sie bewachten war auf den ersten Blick nicht sofort zu erkennen. Doch dann hatte er es erkannt! …ein winziger Schössling, direkt am Wasser schien das Objekt von Wert zu sein. Nica schüttelte den Kopf. Er hatte davon gehört. Doch dass man hier tatsächlich einen solchen Aufwand wegen eines jungen Baumes betrieb, der auf den ersten Blick doch nur mickrig und klein wirkte, daran zweifelte sein Verstand.

    Selbstverständlich hatte er seine Aufmerksamkeit auch den allmählich eintreffenden Gestalten gewährt, die nun zu vielen Dutzend in diesem Hof versammelt waren.
    Da war ein etwas herunter gekommen wirkender Kerl mit bereits angegrauten Haaren wie langen Fransen unter einem dreckigen Etwas, das ein Filzhut zu sein schien. Die Haut war wettergegerbt und als der Mann bemerkte, dass er beobachtet wurde, sah er herüber. Er hatte nur ein Auge! Doch als sein Blick auf ihn fiel, bekam es Falten und unter der etwas zu großen Hakennase kam ein Spalt zum Vorschein, der wohl das Lächeln eines Mundes sein musste. Von Zähnen keine Spur…zumindest nicht so weit das zu erkennen war.
    Es war bereits bekannt, dass sie in kleinen Gruppen zusammengestellt werden sollten. Nica erwiderte das zurückhaltende Lächeln. Der Kerl wirkte erfahren, taxierend, aber auf eine seltsame Art auch sympathisch – sofern man das von Leuten seines Schlages erwarten durfte.

    Aber nicht alles, was er erblickte, weckte das gleiche Gefühl von Ruhe in ihm, wie bei dem Einäugigen. …halbe Kinder waren das zum großen Teil… ebenso wie wahres, sicherlich zu Recht lichtscheues Gesindel. Überrascht hielt sein Auge bei einer Gruppe Kämpfer inne, die wirkte, als sei sie soeben frisch ausgestattet und eingekleidet vom Himmel herunter gefallen – oder möglicherweise aus einer Ecke Mittelerdes stammend, wo man nichts besseres zu tun hatte, als Abenteuer zu suchen. …vielleicht sollte er die Leute fragen, woher sie kamen und genau dort hin verschwinden…? …Sonntagsjäger! Ein Lächeln umspielte seine Lippen. Aber es war kein freundliches.

    In seiner Nähe stand ein Zwerg – der einzige hier, wie ihm schien – eine stämmige, robust wirkende Gestalt, gut gepanzert… Nica wusste nur wenig über Zwerge, außer dass sie die Höhlen liebten, ebenso wie Metalle und daher gute Waffen schmiedeten. …und sie konnten sehr alt werden. …dieser hier schien erwachsen, doch aufgrund des dichten Bartes war sein Alter für Nica schwer abzuschätzen.

    Eine dagegen recht hohe, schlanke Gestalt fiel ihm nicht weit von dem Zwerg entfernt auf. Dunkle, gepflegt wirkende, lange Haare wehten in dem beständigen Wind und gaben gelegentlich einen Blick auf ein nahezu makellos wirkendes, scharf geschnittenes Gesicht frei – Nicas Blick blieb für einen Moment daran hängen – der Bursche konnte noch keine zwanzig Jahre alt sein! Der Blick der ihn nun jedoch aus den klaren, deutlich grünen Augen traf, ließ ihn für einen Moment unwillkürlich schaudern! Erst ein tiefer Atemzug rief Nica wieder zur Ordnung …unter dem dunklen Umhang des Jungen war weiters nicht viel zu erkennen – leichte Schuhe, die Spitze eines Bogens, … seine Haltung wirkte jedoch so aufrecht, abweisend und stolz, dass es Nica augenblicklich klar war, dass es ihm lieber wäre, mit diesem Burschen keine Gruppe teilen zu müssen!

    Eine Stimme hob aus der Richtung der Stufen an. Nica lauschte…


    Und so erfuhr er, weshalb und wofür sie zusammen gerufen worden waren. Dass es darum ging, Orks und Gesindel in den Wäldern zu jagen, um die Soldaten und Waldläufer zu entlasten, damit diese sich dem Schutz der Bauern und der Ernten widmen konnten.
    Sie erfuhren, dass sie bei Bedarf Verpflegung bei Gehöften und Gütern erhalten würden, die direkt zu den Liegenschaften der jeweiligen Fürstentümer gehörten, dass sie bei den zuständigen Fürsten einen kleinen monatlichen Sold erwarten durften und dass bei ihnen wiederum jeder erschlagene Feind zu melden wäre. Jeder Kopf zählte! Einen solchen galt es gegen eine metallene Marke mit dem Siegel des weißen Baums einzutauschen. Für jede dieser Marken wiederum würden sie einen bestimmten Betrag Geld erhalten, der in drei Monaten, am Tag der Tag- und Nachtgleiche in Minas Tirith ausgezahlt würde.
    …dann trat der Mann selbst hervor, der Nicas Blick angezogen hatte, seit er aus diesem Tor getreten war – es war der König selbst – Elessar!


    Der Mann fesselte seine Aufmerksamkeit vom ersten Augenblick an. Und als seine Stimme über den Platz strich und seine Worte die Ohren der Wartenden erreichten, wirkte sie klar, frei und vorbehaltlos und Nica hoffte inständig, dass sie allen anderen ebenso fesseln möge. Denn in diesem Augenblick, das wusste er, hätte man ihm wehrlos ein Messer in den Rücken rammen können… er hätte es erst bemerkt, wenn es zu spät gewesen wäre.
    Die Rede war ermutigend und erhebend, herausfordernd, versprechend, jedoch ebenso bittend – eine ungewöhnliche Rede, bedachte man der Zuhörerschaft. Doch nicht ein einziges Mal hörte man auch nur einen Hauch von Erniedrigung oder der Überlegenheit.
    …diesem Mann, so begriff Nica, konnte man nichts verwehren! …zumindest nicht wenn man auch nur noch einen Funken Anstand im Leibe hatte!
    Im Schweigen, das der Rede folgte, blickte Nica zu Boden. Nach einiger Zeit atmete er jedoch tief durch und sah noch einmal auf. Ein Schreiber hatte bereits begonnen, Namen zu verlesen.
    Die Gruppen wurden eingeteilt und bekamen Anweisungen von Soldaten.
    Von Elessar war keine Spur mehr zu sehen – auch von dem Wächtergefolge nicht, das ihn begleitet hatte. Sie mussten wieder hinein gegangen sein.

    Als Nica seinen Namen aufgerufen hörte, trat er vor…
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    • #3
      AW: Im Jahr 1 V.Z. - Mittsommertag - Der Auftrag und wie es anfing...

      „Nica, du kommst mit dem Zwerg in eine Gruppe.“ Sogleich hafteten die aufmerksamen Augenpaare der beiden Aufgerufenen zuerst auf dem einteilenden Soldaten, ehe die Blicke der zugeteilten Gruppenmitglieder sich gegenseitig musterten. „Der Zwerg hat auch einen Namen, Mensch.“, entgegnete daraufhin der mürrische Krieger aus dem Erebor, als der Klang seiner lauten, kräftigen Stimme den ausgesprochenen Namen „Barmin“ zuerst den Hof füllte, ehe er von den starken Winden in alle Himmelsrichtungen streute. Jener bescheidene Versuch sich aufgrund der fehlenden Körpergröße vor versammelter Runde mehr Respekt zu verschaffen schien zwar bei den umherstehenden, Aufmüpfigkeiten gegen Autoritätspersonen durchaus zu schätzen wissenden Söldnern zu fruchten, der Soldat jedoch setzte lediglich ein hämisches Grinsen auf, beugte sich zu Barmin herunter und sprach, ehe er mit seiner Einteilung fortfuhr: „Der Zwerg gibt nur dann ein Laut von sich, wenn ich ihn frage!“

      Als erneut Ruhe einzukehren schien, wurde der nächste Name durch die Reihen der aus einerseits eingeschüchterten Neulingen, andererseits aus routinierten und erfahrenen Söldnern zusammengestellten Anwärtern, gerufen: „Kamir!“ Beinahe hätte der Elb sein Stichwort verpasst, da dieser noch in Gedanken versunken die Blicke gen Osten in die malerische Ferne richtete. Dabei glaubte er mit seiner übermenschlichen Sehfähigkeit über die Weiten der Pelennor Felder und den angrenzenden Ruinen Osgiliaths hinweg sogar die zu Fall gebrachten Türme von Minas Morgul zu erkennen. Doch jene große Entfernung stand in keinem Vergleich zu den seinen Kopf auslastenden Gedankengängen, die von den Eindrücken der letzten Tage jegliche Gehirnwindung in spürbare Vibration versetzten. Die durch den ungeklärten Verlust seines Ziehvaters aufgezogene Schwermut ließ sein Gemüt trotz des unvergleichlichen Glanzes der Weißen Stadt Gondors samt all seiner herrlichen Pracht und der krönenden Rede von Elessar nicht wieder erstrahlen. Dementsprechend trübsinnig blickte er drein, als der Name Kamir ein zweites Mal - nun jedoch mit von Ungeduld genährter Stimme - laut ausgerufen wurde. Ruckartig trat der aus seinen Überlegungen gerissene Elb einen Schritt vor, als der Ausruf schließlich in sein Gehör gedrungen war. Jene Verzögerung sollte allerdings nicht der einzige Grund für die weiter ansteigende Ungeduld des Soldaten bleiben, denn es bahnte sich eine weitere Unterbrechung an, als der einäugige Söldner den vorgetretenen Elben misstrauisch beäugte: „Ich kenne den alten Kamir und das ist gewiss kein Spitzohr.“, stellte der ungepflegte Mann aufgebracht fest. Dabei hinterließ der aus seinem Mund entwichene faulige Gestank mehr Eindruck bei dem einen Schritt zurückweichenden Soldaten, als die Inhalte seiner belastenden Worte. „So sollst du nun Gelegenheit erhalten, deinen Kamir näher kennenzulernen. Du bist also der vierte Mann in dieser jämmerlichen Gruppe. Und nun geht mir aus den Augen, Aron!“, befahl der raue Soldat, nachdem er sich noch einmal ob der Gültigkeit der vom Elben eingereichten Dokumente vergewissert hatte und seinem Schreiberling festzuhaltende Informationen organisatorischer Art diktierte.

      Da stand sie nun, die frisch zusammengestellte, vierköpfige Gruppe aus ungleichen Söldnern etwas fernab des Treibens, nahe dem in die unteren Ringe führenden Torbogen. Schweigsam starrten die drei Männer den Elben wie ein blutiges Stück Frischfleisch an, das etwas zu verbergen hatte. Sicherlich sollte das auf die meisten der herbeigerufenen Söldner zutreffen, doch das auffällige Spitzohr warnte in jeglicher Hinsicht die geschärften Sinne der umherstehenden Krieger. Für sie stand die Anwesenheit einer so anmutigen Gestalt des offenbar eingeschüchterten Elben in ihrer Makellosigkeit völlig im Kontrast zu einem Ort, an dem der kriegstaugliche Abschaum Mittelerdes ohne jegliche Tugend, wie Ehrgefühl oder Moral, nur aus einem Grund zusammengerufen wurde; nämlich die bezahlte Jagd auf Diejenigen, die laut Auffassung der vorherrschenden Gesellschaft als Einzige noch unter ihnen standen, was Ansehen und Stellung anbelangte: Die überlebenden Diener des verblassten Schattens. Für jene unerbittliche Aufgabe bedurfte es an drei wichtigen Stützpfeilern: Der überdurchschnittliche Geschick mit dem Schwert, ein starker Überlebenswille und letztendlich Erfahrung, die einhergehend mit Kampfnarben gesammelt wurde. Da Letzteres im makellosen Gesicht des Elben nicht zu erkennen war, wollte der Einäugige die anderen beiden Charaktereigenschaften seines schlanken Gegenübers prüfen und zückte auffordernd das Schwert: „Kamir kennt meine Fähigkeiten nur zu gut. Von all dem erbärmlichen Pack, das du hier herumstreunen siehst, war er der Einzige, der mich besiegen konnte. Also beweise mir, dass du nichts verlernt hast!“ Noch ehe der junge Elb beschwichtigende Worte sprechen konnte, so sah er sich ob der heransausenden, sein Antlitz spiegelnde Klinge gezwungen, seinerseits eines seiner Schwerter zu zücken, um den Hieb unter fliegenden Funken, sowie klirrenden Klingen zu parieren. Doch der über die gelungene Abwehr seines Gegners verblüffte Söldner beließ es nicht bei der einen Attacke und ließ einen wuchtigen Schwertschlag auf den nächsten folgen, die aufgrund der geschickten Ausweichmanöver des Elben Holzfässer und –bänke zerbersten ließen. Daraufhin schaltete sich Nica plötzlich ein, obwohl er von Anfang an nicht besonders begeistert von der Zuteilung seines neuen elbischen Söldnergefährten gewesen war. „Haltet ein! Das Zücken der Schwerter ist innerhalb der Mauern nur für die Stadtwachen gestattet!“ Glücklicher Weise hatte der mit den Einteilungen beschäftigte Soldat von der kleinen Fehde nichts mitbekommen, andernfalls hätte den Betroffenen zumindest eine ausgiebige Haftstrafe gedroht, vor denen gewiss auch nicht die übrigen Gruppenmitglieder verschont geblieben wären. „Wir sind jetzt eine Gemeinschaft und müssen auch so handeln – ob euch das gefällt, oder nicht.“, sprach der Dunländer energisch auf die sich mit gekreuzten Klingen fixierenden Duellanten ein. Als schließlich die Vernunft ihre erhitzten Gemüter zu löschen begann, wich der Druck sowohl aus den Schwertern, als auch aus den austauschenden Blicken, ehe die Beiden ihre Waffen senkten. Anschließend sortierte Aron seine gezogenen Rückschlüsse: „Die Kampftechnik des Jünglings erinnert mich tatsächlich an den alten Kamir. Was du auch zu verheimlichen gedenkst, ich werde es schon herausfinden.“ Als hätte der Elb die argwöhnischen Gedanken seines Gegenübers durchschaut, entspannte er seine Miene und sprach mit gesenkter Waffe. „Mein Name ist BeROWLan. Kamir war mein Ziehvater.“ Natürlich war Aron derjenige, dem die Verwunderung am ehesten ins Gesicht geschrieben stand. Dennoch packte nun auch die anderen Beiden die Neugier. Sowohl Nica, als auch der bislang völlig unbekümmerte Barmin rückten ihre Ohren spitzend näher an BeROWLan heran, als er auf einem Hocker platznahm, um seine Geschichte in knappen Worten zu erzählen.

      Die Erzählung begann mit seiner durch Kamirs zufälligem Erscheinen ermöglichten Rettung aus den wärmenden Eingeweiden seiner von Wildlingen gemeuchelten Mutter. Des Weiteren berichtete der Elb über die harte Ausbildung, die er mit dem Ziel eines Tages in die Fußstapfen seines Ziehvaters zu treten, vorbildlich durchlaufen hatte, bis die Ausführungen mit dem ungeklärten Verbleib Kamirs, dessen längst überfällige Rückkehr von dessen Auftrag bis dato auf sich warten ließ, endeten. Die Hoffnung auf die Ergründung der noch offenen Fragen bezüglich BeROWLans Ziehvater war also die Ursache dafür, dass sich ein naiver Jüngling als einen erfahrenen Söldner ausgibt, um auf der Suche nach Antworten sich inmitten skrupelloser Mörder gegen Bezahlung wiederzufinden. „Jeder von uns hat seinen innerlichen Kampf zu führen.“, beurteilte Nica den Bericht seines neuen Kameraden, ehe er mit scharfen Worten fortfuhr: „Doch ich möchte nicht, dass der Kampf eines ebenso unerfahrenen, wie hochmütigen Spitzohrs auf die Kosten meines Lebens – unserer aller leben – ausgefochten wird.“ Unverzüglich tat auch Barmin seinen Missmut kund und nickte dem Dunländer zu. Schließlich musste sich die zusammengestellte Gruppe während der gefährlichen sowie nervenaufreibenden Aufträge aufeinander verlassen können. In der rauen Wildnis, im Angesicht des Feindes, konnte ein jedes Schwert zwischen Leben und Tod der gesamten Gruppe stehen. Somit bevorzugte selbsterklärend jeder Söldner erfahrene Gefährten. Lediglich Aron, die Beweggründe des jungen Elben durchaus nachvollziehend, versuchte sich trotz seiner anfänglichen abneigenden Reaktion, nun für BeROWLan auszusprechen, während die stetig sinkende Abendsonne ihre immer länger werdenden Schatten auf die angespannten Gesichter warf. „Wie ihr bereits sagtet, ungestümer Nica, wir sind jetzt eine Gemeinschaft und müssen auch so handeln.“ Nach Arons ernüchternder Äußerung rief der Soldat, der inzwischen die Gruppenzuweisung zum Ende gebracht hatte, alle Söldner zu sich, um das Schlusswort zu sprechen, ehe er die Gruppen ihrer Wege gehen ließ.
      sigpic

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      • #4
        AW: Im Jahr 1 V.Z. - Mittsommertag - Der Auftrag und wie es anfing...

        Nica:

        Mit einem beherzten Schritt war Nica zur Seite gewichen, als die Schwerter gezogen wurden. Es hatte ihn die Zeit eines Herzschlags gekostet, sich selbst zu beherrschen und nicht sofort ebenso zur Verteidigung überzugehen.

        Es grenzte an ein Wunder, dass scheinbar alle zuständigen Anwesenden gerade in die andere Richtung sahen und auch noch Wolle in den Ohren zu haben schienen...
        In einem günstigen Moment huschte sein Blick rasch von einem zum anderen, versetzte dem Alten einen Tritt nach Rückwärts und fing den Waffenarm des Jungen ab.
        Kopfschüttelnd und mit Worten, die er selbst kaum als die seinen erkannte, gelang es ihm, die Streithähne auseinander zu bringen.

        Ja, auch er kannte Kamir! Und zu erfahren, was es mit diesem jungen Burschen auf sich hatte, das war von unbedingter Notwendigkeit!
        Scharf sah er von dem Alten mit dem einen Auge zu dem Jungen. Den Zwerg hatte er für den Moment vergessen und das spöttische, teils offene, teils verhaltene Gelächter der anderen um sie herum riss grob an seinem Geduldsfaden.

        "Ich wüsste nicht, dass wir uns kennen, alter Mann," entgegnete er dem Einäugigen, "und ich bin hier nicht derjenige, der mitten unter den Augen der höchsten Beamten Gondors seine Waffe zieht, um sie sich an einer Elbenklinge kaputt zu schlagen! - von wegen Ungestüm..." ...etwas herablassender, als ihm aufgrund seines Alters sicherlich zugestanden hätte, seine Beherrschung jedoch wahrend, blickte Nica auf den Alten. ...ohne Zweifel würde er selbst der Nächste sein, der einer Prüfung unterzogen würde. ...doch was ihn selbst anging, so konnte er nicht umhin sich einzugestehen, dass er ein gewisses Verständnis für die Situation aufbringen konnte, so wie sie sich ihm augenscheinlich darstellte.
        "Steck deine Klinge weg, Kleiner," wies er den knapp zwei Köpfe größeren Burschen an und erwartete wie selbstverständlich, dass dieser gehorchen würde. Den Alten hielt er für erfahren und vernünftig genug, seinen Fehler selbst einzusehen.

        "Ein Elb, ein Zwerg und ein seniler Greis!" spöttelte er, nachdem er den Schock verdaut hatte, die ihm die Erkenntnis gebracht hatte, dass er in der nahezu unmöglichsten Gruppe gelandet war, die er sich hätte vorstellen können.

        Der vorige Sprecher und ´Einteiler´ hatte noch einmal das Wort ergriffen und Nica schmunzelte nach dessen Worten... und stichelte weiter, als wären sie nicht unterbrochen worden:
        "Eru bewahre mich vor meinen Freunden. ...denn die Feinde können wohl kaum schlimmer sein!"

        Abermals schüttelte er ein ungläubig den Kopf. Sein Blick blieb schließlich auf dem Zwerg liegen: "Barmin..." sprach er mehr zu sich selbst, als direkt zu dem haarigen Kerl, der selbst ihm nur gerade mal bis unter die Arme reichte.
        "Barmin, Bero, Aron. ...ich werd versuchen, es mir zu merken um nicht versehentlich eure Ohren abzuliefern!" Nicas Grinsen war ebenso herausfordernd wie spöttisch.
        Dabei stich seine Hand liebevoll über den Knauf seines Dolches, wie als Herausforderung entgegen seinem eingreifenden Handeln von eben.

        Die Ohren wollten sie sehen! ´Kopfgeld´ hieß es, doch abgeben sollte man die Ohren! ...nun gut - wer wollte schon stinkende Ork-Köpfe mit sich herumschleppen? So konnte man die Beute wenigstens am Feuer oder in der Sonne trocknen, damit sie nicht so stank!

        "Falls es was auszufechten gibt, dann sollten wir erst mal sehen, dass wir hier weg und raus aus der Stadt kommen. Alles andere lässt sich dann sicherlich besser klären, denn ich habe nicht den Eindruck, als ob dieser Oberausrufer gern mit sich streiten lässt. ...oder so ohne weiteres noch mehr Streit in seinem Herrschaftsbereich duldet..."

        Mit einem weiteren Blick auf den Zwerg und dann auf den Alten, schulterte er sein Bündel und ging voran in Richtung des Tores, das den Ausgang für sie markierte.
        Den Elben würdigte er keines zweiten Blickes.
        Doch seine Gedanken waren fast ununterbrochen bei ihm: Ein Elb! ...´Spitzohr´ hatte der Alte ihn genannt. ...und dann noch so ein Auftritt mitten unter den Augen der Soldaten! "Verdammte Kacke!" brummte er in sich hinein, gerade als er an dem Pulk Sonntagsjäger vorbei kam und sich augenblicklich daran erinnerte, dass er vorhin noch darüber nachgedacht hatte, lieber dort zu sein, wo die herkamen, als hier. ...nun dachte, er, dass dieser Gedanke noch enorm an Attraktivität gewonnen hatte!

        ...auf jeden Fall wollte er mehr von Kamir hören! Warum war er nicht selbst gekommen? ...und wie kam dieser junge Bursche dazu, sich seinen Ziehsohn zu nennen?
        Zuletzt geändert von Bevan; 12.08.2012, 01:52.

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