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Kapitel 6 - Die Vorboten des Schattens

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  • #16
    AW: Kapitel 6 - Die Vorboten des Schattens

    Westfold – Unterirdischer Gang

    Mehrere Meilen haben die Gefährten nun bereits in der Finsternis untertags bewältigt. Dennoch fiel es ihren Augen trotz GenROWLiars Leuchtkristall schwer, sich an die Dunkelheit anzupassen. Die scharfen Felskanten der Höhlenwand, die mittlerweile die erdige Beschaffenheit des unterirdischen Gangs abgelöst hatten, stellten die einzige wahrnehmbare Veränderung dar, die sich ihnen darbot. Die stickige, modrige Luft, die besonders Ithmir zu schaffen machte, wich plötzlich einem kühlen, frischeren Äther, der seit längerem wieder Gelegenheit für tiefes Durchatmen bot, sowie den aufrechten Gang ermöglichte. Sie befanden sich nun in einer natürlichen Tropfsteinhöhle, von dessen Decke das Sickerwasser zu tropfen begann. Jene von der Außenwelt abgeschottete Umgebung sorgte für den stetigen Verlust des Zeitgefühls, welcher eine unwirkliche Wahrnehmung von Raum und Zeit zu Folge hatte. Die Gruppenmitglieder hätten sich wie Körper in einem schwerelosen Mikrokosmos gefühlt, wären ihre Ohren nicht in kurzen Abständen von qualvollen Schmerzensschreien ihres verletzten Freundes Thalicair erfüllt worden. Trotz der Behandlung mit dem Heilkraut und der ständigen Pflege durch Aria, die ihre Trinkreserven aufbrauchte, um mit einem nassen Stofffetzen seine fiebrige Stirn zu kühlen, war der Zustand des Bogenschützen kritisch. Die schwankenden Bewegungen des Pferderückens erschwerten den Schlaf benötigenden Genesungsprozess. „Haltet durch, tapferer Thalicair, wir haben das Lager der Truppen Gondors bald erreicht. Dort wird Euch Heilung zuteil.“, redete sie dem verletzten Mut machend zu, ehe die besorgte Halb-Elbin fragend zu GenROWLiar blickte. Der Zauberer, der durch die ihm ins Gesicht geschriebene Erschöpfung keinerlei Heilzauber zu wirken im Stande war, antwortete zögerlich, ohne seine Schritte zu verlangsamen: „Meine Sinne verraten mir, dass sich nun über uns die Ebenen der Westfold erstrecken. Angesichts unseres beeinträchtigten Vorankommens dürfte die Pforte Rohans und somit der Höhlenausgang, noch einen Tagesmarsch entfernt sein. Aber ich denke unser zäher Freund besitzt das Herz eines Kämpfers und sollte dies überstehen.“ Lorgan hingegen teilte den Gefährten seine Sorge um ihre hartnäckigen Verfolger mit. Er fürchtete, sie würden einen Weg finden, zu ihnen aufzuschließen und warf den Schluss des Zuges bildend in stets kürzer werdenden Abständen befangene Blicke nach hinten, als versuchte er eine Bewegung, oder ein Geräusch in dem schwarzen Nichts auszumachen. Es dauerte nicht lange, bis der graue Kämpfer auch Aria mit seiner Besorgnis ansteckte. Daraufhin begann die Assassine ihre Gedanken ablenkend, Lorgan auf eine Beobachtung anzusprechen, die sie während dessen Ohnmacht im Fangorn gemacht hatte. Als sich ihre menschlichen Mitstreiter nämlich durch einen Zauber im Tiefschlaf befunden hatten, war der Söldner der Einzige gewesen, der von Alpträumen geplagt um sich schlug, während er immer wieder die Namen Sarah und Kamir laut ausschrie. Er müsse endlich mit dem Tod der Beiden abschließen, um seine volle Stärke wiederzuerlangen, riet sie ihm. Nicht nur sein eigenes Wohl, sondern auch das der gesamten Gruppe hinge davon ab. Es sei der volle, uneingeschränkte Einsatz jedes Einzelnen von Nöten, um gegen die widrigen Umstände bestehen zu können. Und dies sei lediglich mit einem befreiten Geiste möglich, fügte sie abschließend hinzu. Doch Lorgan, hatte bereits auf stur geschaltet, nachdem er die beiden Namen gehört hatte und fühlte sich persönlich angegriffen, woraufhin er jegliches Wohlwollen seiner Gefährtin ausblendete: „Die Art, mit der ich meine Probleme löse, dürft Ihr gerne mir überlassen, oh unfehlbare Frau Aria. Ich weiß schon was ich tue.“, sprach er im zynischen Ton und setzte nach: „Ausgerechnet Ihr, sprecht von befreitem Geiste? Dass ich nicht lache. Wie frei und ungeplagt war Euer Gewissen, als Ihr uns in Bezug auf Mondragon von Anfang an belogen habt?“ Unvorbereitet auf solch eine Abwehrhaltung gefolgt von Anschuldigungen, die sie bereits geklärt glaubte, konnte sie nicht sofort antworten. Doch noch ehe es einem Konter bedurfte, entschärfte Ithmir, der Diplomat, die Situation, indem er Beide aufforderte ihre Kräfte zu schonen und nicht mit Nebensächlichkeiten zu verschwenden. Daraufhin besannen sich Beide und Lorgan entschuldigte sich für seine unangemessene Reaktion, die er damit begründete, dass sie bei ihm einen wunden Punkt getroffen hätte, den er zwar verdrängt, aber offensichtlich noch nicht verarbeitet hatte. Doch er sah in jenem Moment ein, dass er seine verstorbenen Freunde gehen lassen musste, um nicht seinen lebendigen Freunden zu schaden. Insofern war er seinem inneren Frieden ein Stück näher gekommen. Durch die Einsicht des sonst so kühlen, wie sturen Söldners, beschloss Aria nicht nachtragend zu sein und über die von Selbstschutz getriebenen Anfeindungen ihres Begleiters hinwegzusehen.

    Einige Stunden vergingen, bis die beklommene Stille von einem leisen Geräusch durchbrochen wurde. Da Thalicair indes in den dringend benötigten Heilschlaf verfallen war, konnten sie das leise Plätschern von fließendem Wasser vernehmen, das sich unweit von ihnen befinden musste. Mit jedem Schritt schienen sie sich der Geräuschquelle zu nähern, bis schließlich der massive Untergrund endete. zu ihren Füßen befand sich eine hölzerne Hängebrücke, die über eine schmale Klamm führte. Nachdem der Marsch vorerst zum Stillstand gekommen war, streckte der Zauberer seinen Stab zunächst in die Höhe, um die Brücke mit dem Lichtkegel zu erfassen. Dadurch offenbarte sich ihnen eine wackelige Konstruktion mit fehlenden Holzstreben, die sich über den Abgrund erstreckte. Danach senkte der Greis seinen Stab, um die Tiefe der Felsspalte herauszufinden. Das Wasser, dessen anfängliches Plätschern nun als deutliches Rauschen zu hören war, befand sich jedoch nicht im Lichtradius. Anschließend hob Eomolch, sich nicht an jenen Übergang erinnernd, einen größeren Stein vom Boden auf, nur um ihn gleich darauf in den Abgrund zu werfen. Er zählte die Sekunden bis zum Aufkommen des Steines und schloss daraufhin auf eine Tiefe von 65 Fuß, die ungefähr 20 Metern entsprachen. Diese tödliche Tiefe beunruhigte sie nicht nur wegen der fragwürdigen Tragfähigkeit der morschen Brücke, sondern auch aufgrund der unbekannten Gegebenheiten am Grund der Kluft. Weder im seichten Wasser zu zerschellen, noch vom reißenden Strom des unterirdischen Flusses in den nassen Tod gespült zu werden, stand ihnen im Sinn. Da ihnen aber der Rückweg versperrt war, mussten sie die gefährliche Überquerung wagen. Um die Brücke jedoch so wenig wie möglich zu belasten, betrat jeweils nur eine Person auf dem instabilen Gefüge aus mürbem Holz und vermodertem Seil. Vorsichtig wagte der Zauberer als Erster den gewagten Gang und nahm bedächtig eine Strebe nach der anderen, gewahr der fehlenden Balken. Erleichterung machte sich in ihm breit, als sich schließlich fester Boden unter seinen Füßen befand. Danach drehte er sich um und beleuchtete seinen Nachfolgern den gefahrvollen Weg. Als Aria daraufhin ebenso problemlos die andere Seite erreichte, wie Ithmir nach ihr, war nun der kräftige Lorgan an der Reihe, der erschwerend seinen bewusstlosen Freund Thalicair geschultert trug. Unter bedrohlichem Knartschen tat er einen Schritt nach dem anderen. Schweißperlen bildeten sich auf seiner Stirn, als er konzentriert versuchte, das Gewicht beider Männer möglichst gleichmäßig zu verteilen. Doch das Ziel bereits in greifbarer Nähe, unterlief dem erfahrenen Manne ein folgenschwerer Fehler. Er hatte einen fehlenden Querbalken übersehen und drohte nun unaufhaltsam in die Tiefe zu stürzen. Als unsere Helden mit ansehen mussten, wie die Umrisse ihrer beiden Freunde unter panischem Aufschrei aus dem Licht verschwunden waren, erstarrten sie vor Schreck. Sogleich wollten einige von ihnen ihren Freunden zu Hilfe eilen, doch Ithmir, am nächsten zur Brücke stehend, rief ihnen zu: „Nicht alle zugleich, sonst stürzen wir alle in den Tod!“ Sogleich setzte er einen Fuß auf den Übergang, merkte aber, dass sich das Trageseil erst zu spannen begann und sich anschließend dessen Fasern auflösten. Instinktiv trat er wieder fluchtartig zurück. In jenem Augenblick bemerkte er entgegen jeglicher Hoffnung die Hand des Totgeglaubten im Licht, sich an einer noch intakten Holzstrebe festklammernd. „Senkt ein wenig Euren Stab!“, forderte die Stimme des Weißen Turmes den Zauberer auf. Somit war nun zu erkennen, wie der Söldner mit seiner verletzten Linken den inzwischen erwachten Bogenschützen an dessen Handgelenk festhielt. Mit schmerzverzerrter Stimme hörte man Lorgan sagen: „Lasst um keinen Preis los, Thalicair. Ihr müsst Euch jetzt mit aller Kraft an mir hochziehen.“ Noch nicht wieder ganz bei Sinnen verschwendete der Waldläufer keinen Gedanken an seine prekäre Lage und folgte trotz brennender Wunde instinktiv der Anweisung seines Freundes, bis er sich schließlich an der breiten Schulter seines Retters empor hangelte und den ausgestreckten Zauberstab GenROWLiars ergriff. Mit vereinten Kräften zogen auf jene Art und Weise der Magier, die Assassine, sowie der Bote aus Minas Tirith zuerst den Bogenschützen und hinterher den Söldner auf das sichere Gesteinsplateau. Mindestens so erschöpft, wie erleichtert lagen alle Fünf auf dem kalten Boden und konnten ihr Glück, dem Tod noch einmal entkommen zu sein, nicht fassen. „Ich stehe tief in Eurer Schuld, tapferer Lorgan.“, flüsterte der Gerettete, ehe er die Augen schloss und erneut in Ohnmacht viel. Sofort kniete sich Aria an seine Seite und hielt dessen Hand. Der schwerverletzte Bogenschütze war jedoch nicht der Einzige, der nun den Beistand der Gefährten benötigte, denn Eomolch stand der riskante Weg noch bevor. Der Rohirrim sprach Lorgans Ross gut zu, ehe er ihn mittels sanftem Klaps auf dessen Hinterteil über die Brücke delegierte. Zunächst stellte sich der Vierbeiner ziemlich gut an, bewältigte Balken um Balken, setzte unter der genauen Beobachtung Eomolchs eine Hufe nach der anderen. „Gut so, du hast es bald geschafft.“, fieberte der pferdekundige Mann in seinen Gedanken mit. Doch auf halbem Wege galoppierte plötzlich auch Ithmirs Gaul seinem tierischen Gefährten folgend am überrumpelten Manne Rohans vorbei, bis er sich letztendlich ebenfalls mitten auf der Hängebrücke befand. Noch ehe irgendjemand ins Geschehen eingreifen konnte, gab die Brücke unter der großen Last nach, die Seile zerrissen und die beiden Wiederkäuer stürzten unter lautem Wiehern in die Tiefe. Jene schrecklichen Bilder trafen den Pferdeherren besonders hart, ließen ihn aus Trauer und Verzweiflung niederknien. Durch all die Trauer um den unerwarteten Verlust seiner liebgewonnenen Tierfreunde blendete er die Tatsache, dass es nun auch um sein eigenes Überleben schlecht stand, völlig aus. Von der gegenüberliegenden Seite versuchten ihm seine erneut um einen Freund bangenden Mitstreiter, aufmunternde Worte zuzurufen: „Euch trifft keine Schuld, Eomolch.“ „Wir finden schon eine Möglichkeit, Euch über den Abgrund zu schaffen.“ Gebt nicht auf!“ Nur wenig später schienen die lautstarken Aufmunterungen zu fruchten, denn der Krieger Rohans erhob sich langsam. Er stieg in den Sattel seiner Stute Morgenwind, während er ihr etwas zuflüsterte. Danach wies er seine Freunde an, zurückzutreten, als er schließlich selbst rückwärts den Lichtkegel verließ, sodass er in der Dunkelheit verschwand. Verdutzt schauten sich die Gefährten gegenseitig an und ahnten bereits, was ihr kühner Mitstreiter vorhaben musste. Sie wollten ihn noch davon abbringen, doch es war bereits zu spät. Mit einem lauten, entschlossenen „Flieg Morgenwind, fliiieeg!“ tauchten ihre Silhouetten unter schallendem Galopp, sowie Pferdewiehern erneut in den Lichtradius ein. Die kräftigen Hinterbeine stießen sich mit einem mächtigen Satz vom Klippenrand ab und beförderten die Beiden in die Höhe. Mit weit geöffneten Augen verfolgten die Anderen deren steigende Flugbahn. Wie ein morgendlicher Windhauch, der das Ende einer finsteren Nacht und somit den hoffnungsverheißenden Sonnenaufgang ankündigte, glitten die Stute Morgenwind samt ihrem behelmten Reiter in die Lüfte, dem rettenden Plateau entgegen. Man hätte meinen können, dem Tier wären Flügel gewachsen, so elegant schwebte es über den Abgrund hinweg. Nach einer gefühlten Ewigkeit setzten die Hufen schließlich auf dem sicheren Steinboden auf und Erleichterung machte sich in den Gemütern Aller breit. Dennoch hielt sich die Freude Eomolchs über die tollkühne Bewältigung des todverheißenden Hindernisses in Grenzen, als er zu seinen um sich gescharten Freunden herabstieg, ehe er sein Pferd liebevoll tätschelte. „Es steckt wahrlich mehr in Euch, als erwartet, Pferdeherr.“, empfing Ithmir seinen Gefährten. Jener jedoch nahm mit bedrückter Miene seinen Helm ab und antwortete: „Dennoch gelang es mir nicht, die prächtigen Rösser zu retten.“ Daraufhin trat der Zauberer heran und meldete sich zu Wort: „Keiner von uns kann die feste Bindung eines Manne Rohans zu dessen getreuen Pferden nachempfinden. Dies ändert aber nichts daran, dass Ihr nun nichts mehr für sie tun könnt. Unser Freund Thalicair jedoch…“ Sie richteten ihre Blicke auf ihren angeschlagenen Mitstreiter, der soeben durch Ithmir und Lorgan erneut auf Morgenwinds Rücken gehievt wurde. „…benötigt dringend Heilung, die er im Lager der Gondor-Reiter erhalten soll. Auch Lorgan bedarf es an medizinischer Hilfe. Uns bleibt keine Zeit Vergangenem hinterher zu trauern, denn hier und jetzt müssen wir abermals zusammenhalten, um das Leben unseres Gefährten zu retten! Also folgt mir, rasch.“ Jene Ansprache galt zwar insbesondere Lorgan und Eomolch, doch auch die Übrigen gewannen neue Kraft aus den mitreißenden Worten des Magiers. Und so folgten sie dem Greis schnellen Schrittes in das spärlich beleuchtete Dunkel.

    Beinahe ein ganzer Tag war verstrichen, ohne Rast, ohne Aufnahme von Nahrung oder Flüssigkeit – denn inzwischen waren nicht nur ihre Kräfte, sondern auch das Proviant zur Neige gegangen – bis sie endlich etwas entdeckten. Ein kleiner, heller Punkt tauchte am Ende ihrer Sichtweite auf. „Das muss der Ausgang sein.“, atmete Eomolch erleichtert auf. Zielstrebig hasteten sie dem sprichwörtlichen Licht am Ende des Tunnels entgegen. Nicht nur der schlechte Gesundheitszustand des Bogenschützen trieb sie an, sondern auch die Sehnsucht jener beklemmenden Dunkelheit zu entkommen und endlich wieder die warmen Sonnenstrahlen auf ihrer Haut zu spüren. Sie alle hatten mit den Strapazen zu kämpfen. Ihre Körper lechzten unentwegt nach Nahrung und Wasser, ihre Gemüter dürsteten nach Befreiung aus dem finsteren Kerker. Dennoch stellten sie erneut ihr außerordentliches Durchhaltevermögen unter Beweis und versuchten ihre Bedürfnisse weitestgehend zu ignorieren. „Elben sind nicht für das Leben untertage geschaffen. Ebenso wenig die Menschen. Liebend gern überlasse ich diese triste Welt wieder den Orks und dem Geschlecht der Zwerge.“, bekundete Aria ihre Vorfreude auf das ersehnte Tageslicht, als sich die Gruppe der Lichtquelle näherte. Zustimmend nickte jeder einzelne für sich und ging schweigsam weiter. Als der Ausgang greifbar nahe war, hielten sie ihre Hände schützend vors Gesicht, um die Augen vor der grellen Nachmittagssonne zu schützen. Sobald sie nacheinander in das Licht tauchten, fanden sie sich am Fuße eines Ausläufers des Nebelgebirges wieder. Die Heldengruppe wurde freudig von der Natur mit heiterer Wetterlage empfangen. Es gab keinerlei Anzeichen mehr für den wütenden Sturm des Vortages, als ob der unterirdische Gang ein Portal in eine andere, freundlichere Welt gewesen wäre. Der in den Fels gehauene Ausgang befand sich wie Eomolch es bereits vorausgesagt hatte, am Rande einer ehemaligen Siedlung. Mehrere Ruinen und brach liegende Behausungen waren jedoch die einzigen Zeugen für ehemals herrschendes Leben in jener verlassenen Gegend. Während sich Eomolch und GenROWLiar anhand von Karten und dem Stand der Sonne orientierten, füllten die Übrigen ihre Wasservorräte am Brunnen der Siedlung auf, nachdem sie vorerst eifrig ihren Durst gestillt hatten. Darüber hinaus wurden die Verletzungen notdürftig versorgt, indem einerseits Lorgans provisorischer Verband ausgewaschen und neu angelegt wurde, andererseits Thalicairs Wunde ausgespült und anschließend dessen Stirn mit dem kühlen Nass betröpfelt wurde. Es dauerte nicht lange, bis die neue Marschroute festgelegt wurde und sie also ihre Reise gen Westen fortsetzen konnten. Ihr Weg führte sie nun durch karge, felsige Gefilden, sowohl in nördlicher, als auch in südlicher Richtung prägten majestätische Gebirgszüge das Land. Nun waren sie nicht mehr fern von ihrem Ziel. Die Pforte von Rohan und die dahinter gelegenen Furten des Isen waren lediglich einen halben Tagesmarsch entfernt.
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    • #17
      AW: Kapitel 6 - Die Vorboten des Schattens

      Mehrere Stunden sind ohne nennenswerte Zwischenfälle vergangen und indes war erneut die Nacht über das Land hereingebrochen. „Der beißende Schmerz meiner zerfetzten Hand ist kaum mehr zu ertragen. Jeder Schritt, der mich noch von einem Heiler trennt, ist einer zu viel.“ Obwohl seine körperlichen Qualen Lorgan zu übermannen drohten, sorgte er sich ebenfalls um seinen Leidesgenossen: „Thalicairs Schicksal jedoch ist ein Schrecklicheres. Wenn er nicht bald die nötige Behandlung erhält, wird er die Nacht nicht überleben.“, bangte der Söldner um seinen Gefährten, der seit ihrer derzeitigen Etappe erneut in den Tiefschlaf gefallen war. Doch plötzlich sollte sich ein Lichtblick inmitten ihrer misslichen Lage offenbaren. Arias geschärften Elbenaugen waren die vereinzelten Lichter in der Ferne als erstes aufgefallen. Nachdem sie auch ihren Begleitern davon berichtete, vermutete Eomolch, dass es sich dabei um die äußerste Siedlung der Provinz zu Westfold namens Kleinwall handeln musste. In der Hoffnung dort einen Heilkundigen und ein Obdach für die Nacht zu finden, marschierten sie geradewegs in die von Aria vorgegebene Richtung, bis auch ihre menschlichen Augen die Lichtquelle am Horizont vernehmen konnten.
      Als langsam der Geruch von Vieh und Heu in ihre Nasen stieg, neigten sich ihre Kraftreserven stetig dem Ende. Eine letzte Verschnaufpause vor der längst überfälligen Bettruhe, bot sich der Gruppe, als ihr Fortschreiten von einem großen, verschlossenen Holztor gehindert wurde. „Überlasst das Reden mir.“, riet Eomolch, ehe er an der Pforte klopfte. Sogleich öffnete sich eine kleine Luke, durch die eine unfreundliche Stimme drang: „Es ist schon spät. Wer seid ihr und was wollt ihr hier?“ Um möglichst wenig Aufsehen zu erregen, erzählte der Rohirrim der Nachtwache, sie wären eine Gruppe von Händlern samt Eskorte, die auf der Straße nach Minas Tirith von einer Räuberbande überfallen worden war. Mit letzten Kräften und ihrer gesamten Habe beraubt, hätten sie sich bis zu den schützenden Mauern der Kleinstadt gerettet. Zudem hätten sie beträchtliche menschliche Verluste zu beklagen, die ohne sofortige medizinische Hilfe noch zunehmen würden. Nur einen kurzen Moment später öffnete sich eine Tür, aus der zwei bewaffnete Wachen mit Fackeln in den Händen traten und winkten nach kurzer Einschätzung der Lage die kleine Gruppe herein. Hinter ihnen verriegelte ein weiterer Wachposten das Tor, sobald sie es alle passiert hatten. „Man kann dieser Tage nie vorsichtig genug sein.“, sprach einer der Wächter, als er die Gefährten zielsicher durch die engen Gassen in ein Gasthaus führte. Während die Gruppe ihren ohnmächtigen Freund über eine Außentreppe nach oben trug, kümmerte sich der Wachmann um alles andere. Nachdem er Morgendwind in die Stallungen des Wirtshauses gebracht hatte, tauchte er nur kurze Zeit später in Begleitung eines beleibten Mannes wieder im schmalen Gang des Obergeschosses auf. Einen Schlüssel zückend öffnete er schließlich eine Zimmertür und stellte ihnen den örtlichen Heilkundigen vor. Ehe der Stadtwächter an seinen Posten zurückkehrte, wies er sie darauf hin, dass das Entgelt für die Übernachtung mit dem Wirt zu regeln sei. Zum Abschied nickte er der Gruppe aufmunternd zu und verließ schließlich das Gasthaus.
      Nach eingehender Behandlung der beiden Verletzten mit heilenden Kräutern, verabschiedete sich der Heiler mit den Worten: „Sein Körper der Verletzung viel zu lange ohne Heilverfahren ausgesetzt. Ich habe getan was ich konnte, doch es steht schlecht um euren Freund.“ Besorgt blickten sie zu dem in feuchte Bettlaken gehüllten Thalicair. „Wenn das Fieber nicht gesenkt wird, ist er dem Ende nahe. Ich werde morgen nochmal nach ihm sehen.“ Mit dieser unheilverheißenden Diagnose verließ der hilfsbereite Heiler den Raum. Anschließend schlug GenROWLiar vor, etwas Nahrung zu besorgen und zugleich mit dem Wirt zu verhandeln. Daraufhin wollte sich Lorgan anschließen, um seine Schmerzen mittels köstlichem Gerstensaft etwas erträglicher zu gestalten.
      Neugierige Blicke durchbohrten die Beiden, als sie die Schenke betraten. In einer Siedlung von solcher Größe fielen Fremde sofort auf. Als GenROWLiar und der Söldner schließlich eintraten, wurden die Gespräche der Gäste unter lauter werdendem Geräuschpegel wiederaufgenommen. Während der Zauberer direkt auf den Wirt an den Tresen hinzuging, mischte sich Lorgan unter die Gäste, um auf jene Weise etwas Verwertbares vom regen Dorftratsch aufzuschnappen. Er setzte sich an einen Tisch, bestellte sich einen Krug voll Bier und horchte. Tatsächlich nahmen seine Ohren schon bald ein Gespräch zweier Landleute auf, die über das hochmütige Benehmen von Kriegern aus Gondor spotteten. „Ich bezweifle, dass diese einfachen Leute jemals auch nur einen Fuß über die Grenzen dieser Provinz gesetzt haben. Sie müssen ihre Erfahrungen anderweitig gemacht haben.“, schlussfolgerte er, als er einen großen Schluck aus seinem Krug genommen hatte. Spätestens, als er das Wort „Lager“ vernahm, hörte er genauer hin. „Nur weil sie ihr Lager nahe unserer Stadt aufgeschlagen haben, bedeutet das noch lange nicht, dass wir sie auch noch mit den Erträgen unserer Felder versorgen müssen...“ „…genau und für ein einfaches Danke sind sie sich auch zu fein. Morgen muss ich schon wieder einen Teil meiner Ernte in ihr Lager kutschieren. Es heißt auf Geheiß unseres Königs Theoden.“ Dies war für Lorgan der geeignete Moment, sich zu den Beiden umzudrehen und sich an ihrem Gespräch zu beteiligen. Dabei stellte er sich ihnen als Wächter eines Boten aus Minas Tirith, der Stimme des Weißen Turmes, vor. Sie seien unterwegs einem Hinterhalt zum Opfer gefallen und müssten unverzüglich dem Hauptmann des Lagers eine wichtige Botschaft überbringen. Nachdem Lorgan dem Bauern eine angemessene Belohnung zugesagt hatte, versprach er sie am nächsten Morgen auf seinem Karren mitzunehmen, sofern sie zur vereinbarten Zeit am Westtor bereitstünden. Mit einem Handschlag machten sie ihre Verhandlungen wirksam und verabschiedeten sich, bevor er seinem Magier-Freund am Tresen Gesellschaft leistete. Jener war nämlich noch immer damit beschäftigt mit einem Krug voll erfrischendem Bier, auf die Zubereitung seiner aufgegebenen Essensbestellung zu warten. Als Lorgan also zu dem wartenden Greis herangetreten war und ihm von seinem Handel erzählte, stießen sie voller Freude ihre Krüge so stark zusammen, dass sie sich gegenseitig mit dem überschwappenden Gerstensaft begossen. Beide genossen den kurzen Moment ihrer vergnügten Erheiterung, die ihren Höhepunkt erreicht hatte, als sich die schmackhaften Düfte der deftigen Speisen in ihren Nasen ausbreiteten. Nachdem sogleich die offenen Rechnungen beim Wirt beglichen worden waren, packten sie beherzt jeweils eines der beachtlichen Holztabletts voller Fleisch, Kraut und Brot und trugen sie hinauf auf ihr Zimmer, zu den ausgehungerten Gefährten. Schon beim Öffnen der Tür hörte man bereits die knurrenden Mägen. Lediglich deren weit geöffneten Augen bei solch herzhaftem Anblick übertrafen die Größe ihres Hungers. Dementsprechend hastig schlangen sie die Speisen hinunter, sodass schon bald Ruhe in das gemütliche Zimmer eingekehrt war. Die endgültige Nachtruhe kehrte ein, als der Söldner auch seine übrigen Freunde über deren Weiterreise am nächsten Tag in Kenntnis gesetzt hatte.
      Beim ersten Hahnkrähen machte sich die Heldengruppe samt der Verletzten – wenngleich der Waldläufer noch immer nicht bei Sinnen war, so hatte er wenigstens die Nacht überlebt – und Morgenwind auf zum westlichen Tor, um dort den Bauern des Vorabends zu treffen. Jener ließ nicht lange auf sich warten und tauchte im morgendlichen Nebel auf seinem Karren auf. Beim Anblick der verwundeten Krieger stieg die Anspannung in ihm und erinnerte Lorgan an die versprochene Belohnung. Danach wurde Thalicair auf den Strohwagen gehievt, die übrigen Gefährten suchten sich eine Sitzgelegenheit und Eomolch folgte samt Ithmir auf Morgenwinds Rücken. Auf diese Weise traten sie die hoffentlich letzte Etappe auf dem holprigen Weg zum Gondor-Lager an.
      Einige Stunden später, die Sonne Stand bereits beinahe senkrecht, näherten sie sich dem Haupttor eines befestigten Lagers. Es galt nur noch den reißenden Strom des Isen zu überqueren, der sich parallel zu den Gebirgswurzeln schlängelnd, vor ihnen erstreckte. Die Erinnerungen an ihre letzte Brückenüberquerung waren zwar noch recht frisch, diese Brücke jedoch war breit, massiv, wodurch sie eine gewisse Tragfähigkeit ausstrahlte. Schließlich musste sie seit jeher die Truppen der Rohirrim sicher über den Fluss tragen. Dazu wurde sie erbaut. Die Lage der allseits bekannten Pforte von Rohan war gegen Angriffe aus dem Westen von großem strategischem Wert, denn die Flanken des Engpasses waren von unbezwingbarem Bergmassiv umschlossen. Zusätzlichen Schutz boten und zugleich die natürliche Grenze bildeten die beiden Ströme Adorn und Isen, die feindlichen Truppen einen großflächigen Einmarsch deutlich erschwerten. Die natürlichen Gegebenheiten waren selbsterklärende Gründe für die Auswahl eben jenes Engpasses als geeigneten Ort für die Errichtung eines Lagers. Überquerte man also die Brücke, so spiegelten sich im klaren Wasser des eisernen Flusses die majestätischen Gipfel des Nebelgebirges. Die rohe Kraft des Flusses ließ sich nur allzu gut erahnen. Nicht nur das ohrenbetäubende Tosen des Wassers bezeugte dies, sondern auch die auf die Brückenpfeiler einwirkenden Vibrationen, die die gesamte Konstruktion in leichte Schwingungen versetzten. Es ließ sich nicht leugnen, dass die Gefährten erleichtert waren, nachdem sie heil das andere Flussufer erreicht hatten und kurz darauf die erschöpften Zugpferde zum Stillstand kamen. Die hoffnungsverheißenden Banner des Weißen Baumes wehten imposant über den wachenden Holztürmen, die mit undurchlässigen, angespitzten Holzstämmen umzäunt waren. Unsere Helden konnten es kaum glauben, der Baumhirte aus dem Fangorn hatte sie nicht belogen. Endlich hatten sie ihr rettendes Ziel erreicht. Die hier stationierten Truppen sollten in der Lage sein, ihnen einerseits Schutz vor ihren blutrünstigen Verfolgern zu bieten, andererseits ihren verwundeten Freunden eine angemessene Genesung zu ermöglichen. Doch noch ehe sich allgemeine Erleichterung unter ihnen breitmachen konnte, galt es an den mit Speeren bewaffneten Torwachen vorbeizukommen, deren wachsame Augen die Gruppe bereits aus der Ferne erblickt hatte. Einer von ihnen trat näher an den Wagen heran und sprach mit drohender Stimme: „Dich kenne ich, du darfst passieren, Bauer. Aber die übrigen Herumtreiber haben keinerlei Befugnis.“ Nun stürmten weitere Wachen heran und bedrohten die Gruppe mit ihren Lanzen. „Wer seid ihr und was wollt ihr hier?“ „Sie sagten, sie wären…“ Der eingeschüchterte Bauer wollte gerade mit einer Erklärung beginnen, als ihm Ithmir ins Wort fiel. Sofort erhielt er deren Aufmerksamkeit, als er vorsichtig eine wieder in Stand gesetzte Standarte sichtbar von sich streckte: „Ich bin die Stimme des Weißen Turmes und ich habe ein dringendes Anliegen.“ Unterdessen holte er mit seiner freien Linken das wertvolle Heroldsiegel hervor und hielt sie dem nächsten Wächter vors Gesicht. „Dies ist meine Eskorte. Bringt uns unverzüglich zu eurem Hauptmann!“, fügte der stolze Bote fordernd hinzu. Hektisch gab der Wachmann seinen Leuten das Zeichen, die Gruppe passieren zu lassen und senkte ehrfürchtig sein Haupt, als hätte er dadurch versucht, die versehentliche Beleidigung eines Edelmannes von Gondor zu entschuldigen.
      Das Innere des Lagers stellte sich als noch weitläufiger heraus, als man es hätte von außen vermuten können. Zahlreiche Zelte reihten sich entlang der beiden sich mittig kreuzenden Hauptwege. Stallungen, Lazarette und Verpflegungszelte vervollständigten den Aufbau der Anlage. Letzteres war das vorläufige Ziel des Bauern, der auf Ithmirs Anordnung noch vor der Rückreise mit zwei Goldmünzen entlohnt werden sollte. Nachdem Thalicair und Lorgan im Lazarett abgesetzt wurden, führte man die Anderen in das Zelt des Hauptmanns. „Mein Name lautet Garlan und ich freue mich, Euch empfangen zu dürfen, Ithmir von Gondor. Wir dachten Ihr wärt gefallen“, stellte sich der Anführer vor, ehe er den Diplomaten hereingebeten hatte. GenROWLiar, Aria und Eomolch wiederum mussten im Eingangsbereich verharren, wo sie wortlos auf den Boten warteten. „Rückblickend war uns trotz der erlittenen Rückschläge das Glück hold. Ich hoffe, das sich das künftig nicht ändern wird.“, ließ der Zauberer seine Gedanken kreisen, um die Wartezeit etwas zu verkürzen. Auch die Halbelbin und der Rohirrim stellten sich ein wenig auf einer Holzbank ruhend, ähnliche Schlussfolgerungen an. Doch viel Zeit blieb ihnen dafür nicht, denn schon bald trat Ithmir wieder hervor und forderte seine Freunde auf, ihm zu ihrem bereitgestellten Quartier zu folgen. Darüber hinaus berichtete er ihnen unterwegs über das aufschlussreiche Gespräch mit Garlan. Dabei hatte sich nämlich herausgestellt, dass erst wenige Tage zuvor ein anderer Bote aus Minas Tirith die Truppen zum unverzüglichen Aufbruch in die Heimat aufforderte. Dies bedeutete also, dass unsere Helden in Kürze erneut vor einer schwierigen Entscheidung stehen sollten. Entweder sie schlossen sich dem schützenden Zug in die Weiße Stadt an, oder sie zogen alleine weiter. „Ich habe noch immer einen Auftrag zu erfüllen.“, begann er betrübt zu erzählen. „Nachdem ich dem Hauptmann das Nötigste unseres zurückgelegten Weges gesagt hatte, bat ich ihn um einige seiner Männer als Geleitschutz.“ Gespannt warteten sie auf die nächsten Worte ihres Freundes. „Doch Garlan benötigt offenbar jeden einzelnen Mann für seinen Kampf gegen die Truppen Saurons. Es heißt nämlich, im Lande Mordors steigt erneut Rauch auf, die Schmelzöfen des Feindes stellen Waffen und Rüstungen in unvorstellbaren Mengen her.“ Plötzlich wurde er unterbrochen. Der ebenso schöne, wie durchdringende Schall eines Horns hallte über das Tal, dessen unverwechselbaren Klang GenROWLiar unbeirrt als Horn von Imladris identifizierte, bevor er sich über seine eigene Feststellung wunderte: „Es ist äußerst ungewöhnlich Truppen aus Bruchtal so fern ihrer Heimat anzutreffen.“ Rasch änderten sie ihr Ziel und marschierten auf das Osttor zu, das sie als Quelle des Hornlautes ausgemacht hatten.
      Schon aus größerer Entfernung konnte man die kräftige Stimme eines Kriegers vernehmen, der vor den Toren des Lagers um Einlass bat. Was im Anschluss daran genau geschah bekamen die Gefährten nicht mit, denn als sie den Schauplatz des Geschehens erreicht hatten, kam bereits ein gutes Dutzend, in prächtig schimmernde Rüstungen gehüllter Elbenkrieger, unter den staunenden Blicken zahlreicher Mannen Gondors, durch das Tor geritten. Die meisten der anwesenden Menschen erblickten in jenem Moment das erste und höchstwahrscheinlich das letzte Mal einen der anmutigen Elben. GenROWLiar sollte erneut Recht behalten, denn deren Standarten trugen eindeutig das Wappen des elbischen Stammes. Einer von ihnen, allen Anschein nach deren Anführer, stieg von seinem stolzen Ross und wurde zu Garlans Zelt geleitet. Nie im Leben hätten die Gefährten jenes unerwartete Erscheinen der Reiter aus Bruchtal mit ihnen in Zusammenhang gebracht. Doch nur wenig später wurden auch sie zu Garlans Unterkunft beordert. Dort stellte sich zu ihrem Erstaunen heraus, dass Elrohir, einer der Zwillingssöhne Elronds, sich auf Geheiß ihres alten Freundes Nefarius, auf den gefährlichen Weg gemacht hatte, die „Helden von Drahnost“ ausfindig zu machen. Da seine Beschreibung besonders auf zwei Mitglieder der kürzlich eingetroffenen Heldengruppe zu passen schien, war Garlan in der richtigen Annahme, es handelte sich dabei um unsere Gefährten. In der erlesenen Runde zählte Elrohir die Namen derer auf, die er suchte, wobei er direkte Übereinstimmungen erzielen konnte. Unter anderem fielen die Namen Eomolch, GenROWLiar, sowie Thalicair. Anschließend erklärte ihnen der Zauberer, dass die Träger der Namen, wie Wugi, Erath und Ecthelion ehemalige Begleiter wären, die aufgrund unterschiedlicher Umstände aus der Gruppe geschieden seien. Sichtlich erfreut, endlich die Richtigen gefunden zu haben, begann er von seiner Mission zu erzählen. Nefarius, ein enger Vertrauter Elronds, hätte Elrohir entsandt, um die Gefährten im Kampf gegen einen beflügelten Dämon zu unterstützen. „Mein alter Magier-Freund, dir haben wir das also zu verdanken.“, schmunzelte der Zauberer, als der Name des erhabenen Elben-Magiers gefallen war. Dies war jedoch nicht der passende Moment, um in alten Erinnerungen zu schwelgen. Er richtete seine Aufmerksamkeit erneut auf den erzählenden Elrohir, der unbeirrt ihr Abenteuer schilderte. Als sie also von den Waldelben Loriens erfahren hatten, dass die Vampir-Bezwinger mehr oder weniger freiwillig trotz gefährlicher Uruk-Verfolger im Nacken, zur Weiterreise aufgebrochen waren, konnten die Elben-Reiter sie nicht im Stich lassen. Überdies schilderte der Elben-Prinz, dass sie den Spuren bis zu den Ausläufern des Fangorn gefolgt waren und dabei sogar eine Schar Orks in den gefürchteten Wald getrieben hätten. Dabei warnte er besonders vor einem tollkühnen Uruk-hai, der den „Helden von Drahnost“ inzwischen nicht gänzlich unbekannt war. Nachdem die Elbenreiter auf ihrer Suche nun den ganzen Weg von Imladris über das Waldlandreich an den Süd-Grenzen des Fangorn entlang, über die Weiten der Westfold Rohans bis hin zu den Furten des Isen zurückgelegt hatten, waren sie froh, ihre Mission zu vollenden. „Kommt mit uns nach Bruchtal. Nefarius hat in den Hallen meines Vaters ein wichtiges Anliegen an euch.“, sagte Elrohir entschlossen und blickte den Anwesenden tief in die Augen. Dabei wurde besonders Ithmirs Interesse geweckt, der sofort an seine eigene Mission, die Überbringung einer Geheimbotschaft, dachte. „Doch zuerst müssen wir im Morgengrauen zusammen mit Eurer Unterstützung…“ Nun wanderten die Blicke des Elben zum Hauptmann. „…einen Überraschungsangriff planen. Denn unterwegs konnten wir den bereits erwähnten Ork-Trupp unweit von hier erspähen, ließen aber von einem Hinterhalt ab, da wir in der Eile nicht die genaue Feindstärke ausmachen konnten.“ Im Anschluss einigten sich die Anwesenden darauf, die Kraft der Sonne als Verbündeten zu nutzen und die unwissenden Bestien in nord-östlicher Richtung, am Fuße der nördlichen Gebirgskette, abzufangen. Daraufhin konnten beide Fraktionen ihren ursprünglichen Plänen widmen: Auf der einen Seite der Rückzug der Gondor-Kavallerie nach Osgiliath, einer Hafenstadt im Glanze von Minas Tirith, andererseits die Eskorte unserer Gefährten nach Bruchtal. Letzteres Vorhaben brachte den Umstand zur Sprache, dass laut Garlans Boten in den königlichen Hallen der Weißen Stadt zum einen Unkenntnis und zum anderen Besorgnis über den längst überfälligen Verbleib Ithmirs, der Stimme der Weißen Stadt, herrschte. „Der Bote Loriens, hat es also nicht geschafft, Denethor II. meine Nachricht zu überbringen. Gewiss wurde er von diesen Orks abgefangen.“, stellte der Diplomat entsetzt fest. „Zweifellos muss er seine Informationen unter unmenschlicher Folter preisgegeben haben.“, schlussfolgerte Eomolch anschließend. Nun erkannten sie die Ursache für die gezielte Verfolgung durch die Ork-Meute. Sie hatten bereits daran gezweifelt, dass die Begegnungen mit den hartnäckigen Verfolgern zufälligen Ursprungs gewesen wären. Aus jenem Anlass fasste Ithmir einen unerwarteten Entschluss. Der ohnehin erschöpfte Bote war inzwischen des Kampfes müde und sehnte sich nach seiner Heimat. Zudem schuldete er Denethor II. Rechenschaft für seine fortwährende, ungemeldete Abwesenheit. Aus jenen Gründen sah er sich zum ersten und letzten Male zugleich, wie er sich schwor, zu einer gegen seine Prinzipien verstoßende Handlung gezwungen: Die Überbringung einer Botschaft an einen unvorhergesehenen Empfänger. Obwohl die geheime Nachricht ursprünglich an Sir Elrond adressiert worden war, so erforderten die ungünstigen Umstände ein rasches Umdenken. In seinen Augen war der Sohn des hohen Elben-Fürsten, Elrohir, ein durchaus würdiger Empfänger und Bote für den weiteren Weg nach Imladris. Doch diesen Beschluss wollte Ihmir dem Elben-Prinzen unter vier Augen übermitteln und hoffte auf einen günstigen Moment zur späteren Stunde. Dennoch kam es zu einer weiteren, überraschenden Verkündung. Eomolch äußerte plötzlich seine Absichten, nach Abbruch des Lagers samt Thalicair und Lorgan nach Kleinwall zurückzukehren, um in der Kleinstadt deren Genesung voranzutreiben. Schon vor längerer Zeit hatte der Krieger Rohans seinen Entschluss vorerst in seiner Heimat zu verharren, verlauten lassen. Nun war seiner Ansicht nach der richtige Zeitpunkt dafür gekommen. Und je nach Heilungsprozess bestünde noch immer die Möglichkeit, sich zur gegebenen Zeit der Gruppe wieder anzuschließen. Nachdem also die übrigen Gefährten zögerlich Eomolchs Vorschlag zugestimmt hatten, debattierten abschließend die drei Parteien noch bis in die Dämmerung hinein, über die Einzelheiten ihres gezielten, gemeinsamen Angriffes.

      Inzwischen wurde Thalicairs Zustand als stabil diagnostiziert. Durch die rasche Anwendung des Athelas-Krautes und die Versorgung durch den Dorfarzt, konnte das Leben des Mannes gerettet werden. Darüber war besonders Aria höchst erfreut, die seit jenem Unglück mit sich selbst haderte. Die Halbelbin war dem Waldläufer überaus dankbar für seinen selbstlosen Einsatz und nun würde sie doch noch die Gelegenheit bekommen, ihm ihren tiefsten Dank auszusprechen, sobald er wieder bei Sinnen wäre. Durch die frohe Kunde konnte sie sich nun der Selbstvorwürfe entledigen und sich der Regeneration ihrer inneren Kräfte widmen. Im Sinne jener Regenerationsprozedur musste sich die Assassine mit dem Gedanken an einer vorübergehenden Trennung dreier ebenso fähiger Mitstreiter, wie treugewordener Freunde, auseinandersetzen. „Der Pfad des Kriegers ist ein einsamer.“, erinnerte sich Aria plötzlich an einen Satz, den ihr Vater während ihrer Ausbildung des Öfteren zu ihr gesagt hatte. „Wenngleich Thalicair, Lorgan und Eomolch zwar eine große Lücke hinterlassen werden, so bleibe ich dennoch stark. Immerhin stehen mir noch Ithmir und der eigentümliche Zauberer zur Seite. Und wer weiß, vielleicht komme ich sogar zu der Ehre, am Ende der Reise den ehrwürdigen Elbenfürsten Elrond gegenüber zu stehen.“, versuchte sich die Halb-Elbin selbst Mut zuzureden.
      Die Stimmung am nächtlichen Lagerfeuer in Mitten der befestigten Anlage war ausgelassen. Nachdem alle Vorbereitungen für den morgigen Überraschungsangriff getroffen waren, gaben sich sowohl die Elben, als auch die Mannen Gondors den entspannenden Klängen einer Fidel hin. Gewiss wurde im Laufe des Abends auch das ein oder andere Weinfass angezapft, um die Gedanken weitestgehend vom Kriegstreiben abzulenken, aber exzessives Feiern wäre unangemessen gewesen. Stattdessen standen Entspannung und Erholung im Vordergrund. „Nur zu gern säße ich mit dem alten Nefarius schmauchend am Lagerfeuer, um alte Geschichten zu erzählen. Es bleibt zu hoffen, dass wir in Imladris Gelegenheit finden werden, den Frohsinn erfreulicherer Tage erneut aufleben zu lassen.“, erinnerte sich GenROWLiar an den ehemaligen Gefährten. Doch rasch blendete er die Vergangenheit wieder raus, um sich auf die vor ihnen liegende Aufgabe zu fokussieren. „Ein befreiter Geist sorgt für eine entfesselte Körperkraft.“, stellte der Zauberer vergnügt fest, als er es sich schließlich neben Lorgan, der inzwischen nach der Erstversorgung das Lazarett verlassen konnte, in einer Liege bequem machte. Während sich der soeben über die Beschlüsse aus der vorangegangenen Versammlung aufgeklärte Söldner mit dem Gedanken anfreunden musste, die Gruppe samt seiner beiden Freunde einstweilen zu verlassen, entspannte der Greis seinen Geist. Besonders der Wein in seiner Linken und die bereits intensiv qualmende, seit langem endlich wieder mit aromatischen Kräutern gestopfte Pfeife in der Rechten, trugen zu einem endgültigen Wohlgefallen über jenes längst überfälligen Momentes der Unbekümmertheit, bei. So besonders und zugleich kostbar jener Augenblick war, so kurz war seine Dauer, denn als die beiden Hauptmänner Garlan und Elohir zu der Runde hinzustießen, gaben Selbige undetaillierte Informationen preis, die durch Späher ihrer jeweiligen Völker zusammengetragen worden waren. Nur die als würdig Erachteten, sollten eingeweiht werden. Um die nötige Diskretion zu wahren, rückten sie somit etwas abseits des regen Treibens recht nahe zusammen und sorgten so für eine halbwegs abgeschottete Atmosphäre, sodass deren Ausführungen nicht in die falschen Hände gerieten. Vorsicht war besser als Nachsicht, denn sogar in einem scheinbar sicheren Lager konnte es stets ungewollte Zuhörer geben. Jeder feindliche Spion wäre höchst begierig auf die brisanten Auskünfte gewesen. Demnach sollten sich die Streitkräfte des Dunklen Herrschers Sauron heimlich rüsten, nur um in einem alles vernichtenden Schlag Unheil über ganz Mittelerde zu bringen. Im Osten sei Gondor als direkter Nachbar Mordors besonders gefährdet und auch im Norden bedrohte ein dunkler Schatten die Freien Völker Mittelerdes. Sowohl das Reich der Zwerge im Ered Luin, als auch Bruchtal wären besonders bedroht. Über weitere Geheimwaffen des Feindes, wie die kürzlich entdeckten Uruk-hai unter dem Banner der Weißen Hand, wussten sie zwar nichts zu berichten – oder sie unterlagen strikter Geheimhaltung – aber eines war gewiss: Die Welt war im Wandel und sie alle steuerten auf einen Krieg zu, der jedes einzelne Volk betreffen sollte. Wichtig war es nur, in jenen dunklen Tagen, die gewiss noch kommen mögen, entschlossen gegen den gemeinsamen Feind vorzugehen und die alten Bündnisse zwischen Menschen und Elben zu erneuern. Angesichts jener unheilvollen Prophezeiung war die vorangegangene Entspannungsphase von einem reißenden Strom aus Angst vor der getrübten Zukunft hinfort gespült. Noch eben fühlten sie sich mit ihren eigenen, verhältnismäßig unbedeutenden Aufgaben überfordert, doch nun erstarrten sie ob der Tragweite jener scheinbar neuerweckten feindlichen Stärke gigantischen Ausmaßes. Dennoch ahnte GenROWLiar, dass es sogar einen direkten – wenn auch vergleichsweise unbedeutenden – Zusammenhang zwischen der Heldengruppe und ihrer widerspenstigen Verfolger geben musste. Eine dichte Rauchwolke ausstoßend, begann er im Kreise der Eingeweihten laut zu denken. Aria, Eomolch, Lorgan, Ithmir, sowie Elohir und Garlan, allesamt herangerückt, lauschten bedachtsam den weisen Worten des Zauberers: „Sauron mag zwar seine Streitkräfte wie Schachfiguren Zug um Zug in die vorgesehenen Positionen zu bewegen, doch seine Gedanken drehen sich lediglich um jenen Ring der Macht. Er braucht diese Geheimwaffe, um jegliche Zweifel am Erfolg seines verheerenden Krieges im Keime zu ersticken.“ Soweit stimmten ihm seine Zuhörer zu und nickten begreifend. „Da der zuletzt bekannte Aufenthaltsort das Nebelgebirge ist und die Vermutung, Mondragon hätte Saurons Schatz gefunden, naheliegt, scheint unser Feind davon überzeugt zu sein, dass der Ring in Besitz der „Vampir-Bezwinger“ sein könnte.“ Die überraschten Mienen einiger Anwesenden verrieten, dass letztere Erkenntnis für Einige neu war. „Einen anderen Grund sehe ich nicht, einen offenbar schlagkräftigen Trupp unter der Führung elitärer Uruk-hai auf eine Gruppe unscheinbarer Gefährten anzusetzen. Saurons Bestreben nach seinem Ring ist von solch unbändiger Gier getrieben, dass er alles daran setzen wird, ihn wieder in seinen Besitz zu bringen. Diese Uruk-hai sind nur die Vorboten des Schattens, der sich über ganz Mittelerde auszubreiten droht.“
      Zuletzt geändert von ROWL; 20.12.2011, 16:21. Grund: Ergänzung in Farbe
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      • #18
        AW: Kapitel 6 - Die Vorboten des Schattens

        Fortsetzung folgt...

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